Wenn ich mir die Bilder, die ich bisher so mit Euch (hauptsächlich in Instagram-Stories) geteilt habe, dann muss man doch eigentlich zwangsläufig zum Schluss kommen, dass #Bali ein Paradies ist. Es gibt da offenbar ausschließlich feines, gesundes Essen, das Licht ist immer perfekt, alle sehen super aus, alles ist fancy und ganz toll.
Nun, das liegt vor allem daran, dass ich genau DIESEN Eindruck hinterlassen will. Ich poste halt ausschließlich das, was mir gefällt, was ich für teilens- und berichtenswert halte. Und ich möchte, dass in Euch ein Bild entsteht, dass etwa so aussieht: der Andi, der tolle Hecht, der ist mit seiner hübschen Freundin auf der Sehnsuchtsinsel Bali unterwegs und weil er so fancy mutig und off the path ist erlebt er viel geilere Sachen als der langweilige Durchschnitts-Touri.
Na gut, ich will mich an dieser Stelle selbst ein bisschen in Schutz nehmen, denn zum einen ist mein Instagram-Kanal viel zu popelig klein um irgendeine Relevanz zu besitzen, zum anderen ist es mir tatsächlich ziemlich schnuppe, was andere über mich denken könnten oder ob mir überhaupt jemand zuhört/zusieht. Bester Beweis ist dieser Blog, den kaum jemand liest und den ich vor allem für mich und enge Freunde und Familie schreibe.
Aber trotzdem teile ich ja keine Bilder von Baustellen, Staus, Insekten in Schlafzimmern, von mir beim Dauerschwitzen oder von Müllbergen am Wegesrand.
Und ja, all das gibt es (vor allem mein Dauerschwitzen).
Vor ein paar Tagen waren wir im Zest, einem ziemlich angesagten, vegetarischen Restaurant in Ubud. Weil das hier ein ehrlicher Beitrag ist, sage ich dazu, dass wir am Vorabend auch schon dort waren und wieder weggeschickt wurden, weil wir keine Reservierung hatten. Am zweiten Abend hat es dann geklappt und am Nebentisch saß ein hübsches junges Mädel mit dem Rücken zu uns und scrollte sich durch ihre Urlaubsselfies. Wenn sie eins gefunden hatte, das ihren Ansprüchen genügte, zoomte sie ganz weit ein und wischte dann in Windeseile über das Foto und entfernte Falten und Hautunreinheiten, verkleinerte Bauch, Arme und Schenkel.
Jetzt hab ich an dieser Stelle nicht wirklich was zu melden, denn als Fotograf kenne ich natürlich auch alle Tricks um die Realität so weit wie möglich zu beugen, dass sie grad noch als solche durchgeht. Aber die Akribie, mit der die junge Frau ihre eigenen Urlaubsbilder „verschönert“ hat, war dann doch nochmal eine andere Nummer.
Und noch eine Geschichte: Am 1. Mai hat heuer der Ramadan geendet. Was mir völlig neu war ist, dass zu diesem Anlass wahre Horden von Javanesen von der überwiegend muslimisch geprägten Nachbarinsel Java nach Bali strömen. Sie tun das mit ihren eigenen Autos, fetten, für Bali viel zu großen SUVs und überdimensionierten, bunt blinkenden Reisebussen. Ubud war tagelang ein einziges Verkehrschaos. Die Javanesen hasten dabei von einem Touristenziel zum nächsten, dort angekommen wird ein (inklusive Schutzmaske und Kopftuch) möglichst vorteilhaftes Selfie oder Gruppenfoto vor der jeweiligen Sehenswürdigkeit gemacht, dann verschwinden sie wieder in ihren klimatisierten Panzern und weiter geht’s im Schneckentempo im selbstverursachten Stau zur nächsten Attraktion. Ich kann’s nur ahnen, aber vermutlich werden dann zu Hause stolz jene Bilder herumgereicht, die belegen, dass man halt da war, auf Bali.
Man kann diese Art zu Reisen ja überall in der Welt beobachten und sie scheint vor allem von Angehörigen der asiatischen Mittelschicht gepflegt zu werden. Schein gilt mehr als Sein. Das, was andere über einen denken KÖNNTEN steht weit über dem eigenen Befinden.
Aber wie denn nun umgehen mit dieser Erkenntnis? Könnten „ehrliche“ Urlaubsbilder die Lösung sein? Also ein Selfie mit dem halbverhungerten Straßenköter oder bettelnden Kindern? Müllhaufen statt Sonnenuntergänge? Fotos von Dschilbab- und Corona-Maske tragenden Frauen statt leichtbekleideter Bikini-Schönheiten? Bauruinen am Strand statt in den Sand gemalte Herzen?
Ich weiß ja nicht.
Zum einen ist all das auf Bali immer noch eher die Ausnahme im Vergleich zu anderen Ländern, die ich bereist habe. Zum anderen widerspricht es auch der Intention, mit der ich von einer Reise berichte. Ich kann aus reinem Gewissen sagen, dass mir nie daran gelegen war und ist, irgendjemanden neidisch zu machen. Wozu auch? Die meisten meiner Follower kenne ich eh nicht persönlich und meine Freunde und Familie, für die ich das ja alles poste, neidisch zu machen gibt zumindest mir persönlich überhaupt nichts. Mir geht’s viel mehr darum, andere an meiner Reise teilhaben zu lassen, ihnen ein Stück Exotik und Abenteuer freihaus nach Hause zu liefern, sie zum Träumen zu bringen und im besten Fall dazu zu inspirieren, selbst die Koffer oder den Rucksack zu packen und sich die Welt anzuschaun. Und das erreicht man halt nun mal eher mit den schönen, als mit den weniger schönen Eindrücken.
Ob dazu dann auch die Gruppenfotos vor Touristenattraktionen im Schwarm reisender Javanesen oder die bis zur Unendlichkeit retuschierten Urlaubsselfies fescher Yogabienchen taugen, vermag ich mangels ausreichender kultureller Einsicht nicht zu beurteilen, gehe aber jetzt einfach mal optimistisch davon aus. Dass es denen auch nur darum geht, andere zu inspirieren, sich die Welt anzuschauen. Und nicht nur sich selbst gut aussehen zu lassen.
All das ist dann übrigens auch gleich die Antwort auf die Frage, die da jetzt vielleicht kommen könnte, warum ich denn überhaupt öffentlich meine Reise dokumentiere und nicht nur Freunde und Familie privat auf dem Laufenden halte.
Nun, ich hätte vermutlich nicht vier Bücher geschrieben, wenn ich nicht mit einem gewissen Sendungsbewusstsein ausgestattet wäre. Meine Reiseberichte sind zum einen meine Art DANKE zu sagen, dass ich all das erleben darf. Zum anderen sind sie mein Beitrag ans Universum, mit dem ich etwas zurückgebe und teile. Auf dass meine Bilder und Geschichten kleine Samenkörner in anderen Menschen sein mögen, die dort keimen und irgendwann in Form eines eigenen, vielleicht lebensverändernden Abenteuers aufgehen.
Und wenn ich dafür die ein oder andere Perspektive eines Fotos ändern oder einen Müllhaufen wegschneiden muss, dann ist das halt so.
Aber weil das immer noch ein sehr authentischer Beitrag sein soll, gibt’s zum Abschluss die volle Dröhnung Urlaubsfoton von der B-Rolle, die ich sonst vielleicht nicht veröffentlichen würde (sorry, mehr hab ich nicht, dafür ist Bali einfach zu schön! 😅):
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