Internetbarbaren wie wir

09. 02. 2012 | Die Welt, einfach erklärt, Erkenntnisse | 0 Kommentare

Der Conan, das ist schon ein Hecht. Da steht die reinblütige, bestrapste und vollbusige Prinzessin vor ihm und er schmettert ihr erst den Spruch I live, I love, I slay. And I am content entgegen, dann küsst er sie, dann begattet er sie.

Nun ist der Spruch sicherlich der klägliche Versuch, der 2011er Neuverfilmung einen ähnlich markig-dämlichen Onliner, wie ihn Schwarzenegger einst mit Zu kämpfen mit dem Feind, ihn zu verfolgen und zu vernichten und sich zu erfreuen am Geschrei der Weiber aufsagen hat dürfen, zu installieren. Ich habe keine Ahnung, wie I live, I love, I slay. And I am content. in der deutschen Version des Filmes übersetzt wurde, hoffentlich aber nicht mit Ich lebe, ich liebe, ich schlachte. Und ich bin zufrieden.

Davon abgesehen ist der schon eines meiner Idole, der Conan.

Die weite Steppe, ein schnelles Pferd, der Falke auf seiner Faust und der Wind in seinem Haar!
Und dann reitet er hin, der Conan, schlachtet ein paar üble Sklaventreiber, oder Wegelagerer oder Herrscher der Dunkelheit, und schon fallen ihm die halbnackten Weiber reihenweise in den Schoß. Wenn ich aber nun ausziehen würde, um der Politesse, die mir heute wegen 15 Minuten Zeitüberzug ein Fünfeuroknöllchen verpasst hat, das Fell abzuziehen oder sie mit einer Keule zu erschlagen, dann würden sich die Mädchen nicht entkleiden und sich mit mir paaren.
Glaube ich.

Also muss der moderne Held ausweichen. Die alkoholgetränkten Schlachtfelder des neuzeitlichen Faschings sind zu viel für seine alte Nerven, folglich bricht er auf zu neuen Herausforderungen.

Eine davon findet sich in Internetpartnerbörsen. Im letzten Playboy gab es einen Bericht, in dem ein Kerl dank Friendscout24.de angeblich ein halbes Jahr jeden Tag eine andere Frau im Bett hatte. DAS klingt nach modernem Barbarentum. Sie führten ihm die schönsten Jungfrauen zu, auf dass er sie zur Mütter edler Kinder mache. schwadroniert man vom Conan. Die gängigen Partnerbörsen sind, so scheint es, ein übervoller Krug schöner Single-Mädchen. Und tatsächlich, es dauert nicht lange, da trudeln schon die ersten Nachrichten in’s Postfach, von Nutten, von Spambots, von Abwerbern anderer Börsen. Die wollen wir natürlich nicht. Ausser ersterer vielleicht, aber das Thema hatten wir ja schon. Um sich vom Überangebot an männlichen Mitbewerbern abzuheben, brauchen Internetbarbaren gewisse Voraussetzungen, um Erfolge einzufahren. Die erste ist Initiative.

Nur dem Schwert kannst du vertrauen, orakelt der Conan.

Heute ist für die Ansprache einer Frau aber Witz, Esprit, Lockerheit, Individualität, Geistesgegenwart, ein Doktor in Philosophie, Germanistik und Mathematik nötig, ebenso Charme, Sixpack, 70 Kilo, Manieren, Geld, eine Insel, ein Berg und eine eigene Prosecco-Fabrik.
Ach ja, und ein stattliches Schwert natürlich auch.

Ist das Weib der Begierde dann erst einmal angebalzt, beginnt das Warten. Das verbringt der Internetbarbar am Besten damit, indem er weitere Damen angräbt, um etwaigen Ausfällen vorzubeugen. Ein gefestigtes Ego ist übrigens auch nicht zu verachten in der Online-Daterei. Denn wenn der mit Herzblut und unter Einsatz äußerster Kreativität verfasste Liebesgruß erst einmal auf Reisen ist, steht oftmals der Gegenbesuch des Barbaren-Profils durch das angebalzte Weibchen an. Wenn dem gefällt, was es da sieht, antwortet es. Wenn nicht, dann, ja dann eben nicht. Dann sieht der Barbar zwar, dass seine Flamme da war, fragt sich aber, warum sie nicht antwortet. Hat er sich falsch verkauft? Hätte er die eigene Lipizzaner-Zucht doch nicht erwähnen sollen? Ist der Bauch auf dem einen Foto da doch zu dick? Oder kann das Mädel nicht antworten, weil sie keine Premium-Mitgliedschaft hat? Weil sie eine arme, von Barbaren zu schändende Priesterin ist, zum Beispiel?
Wenn das Ego des Internetbarbaren das alles lang genug durchhält, kommt es irgendwann zwangsweise zu den ersten Dates. Die unkomplizierten wollen meist das selbe wie der Internetbarbar und in gewisser Weise ist an der Geschichte im Playboy sicherlich was dran. Die komplizierteren verdrehen dem Internetbarbaren erst den Kopf und stellen sich dann als ungeahnt vertrackt in der Handhabung heraus, so dass ganz barbarenunüblich nur noch geordneter Rückzug übrig bleibt.
Sie sagten ihm, er solle sein Schwert wegwerfen und zur Erde zurückkehren. Ha! Für die Erde ist noch genug Zeit im Grab. hieß es beim Conan. Und Standhaftigkeit wird belohnt, auch wenn die Partnerbörsen jene brandgefährlichen Weiber immer und immer wieder auch nach dem missglückten Erstkontakt als Liebe des Lebens mit absoluter Übereinstimmung verkaufen wollen[1. Und am Ende wahrscheinlich auch damit Recht behalten]. Gleich neben den fülligen Waldnymphen übrigens, jenen, die stets mehr Metall im Gesicht haben, als heute in einem neuem BMW verbaut wird.

Das Internet bietet dem modernen Barbaren also tatsächlich einen gewissen Ersatz für die ruhmreichen Schlachtfelder […] eines Zeitalters […], das begann, als Atlantis im Meer versank und das endete, als die Söhne des Ajas die Macht eroberten. Wenn auch immer der fade Beigeschmack bleibt, dass jene Zeit, in der man die Politesse tatsächlich hätte häuten, und als Belohnung mit drei rassigen Frauen die Felle wälzen durfte, die bessere gewesen wäre.

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