Ein Molch in Thailand

18. 10. 2012 | Reisen | 0 Kommentare

Auf der Suche nach dem Paradies

Wir sitzen am Meer im Schatten unter sich im Wind wiegender Mandelbäume. Das Meer plätschert träge Wellen an den schneeweißen Strand heran und strahlt türkis-blau in der Mittagssonne. Doch bis ich hier diese Zeilen schreiben kann, sollte es ein langer und aufregender Weg werden…

Als wir am Mittwoch Abend um kurz vor 22 Uhr die Boing 747 der Thai-Airways mit Flugziel Bangkok besteigen, wussten wir noch nicht, dass unsere Ohren in den kommenden vier Tagen einer Dauerbelastung ausgesetzt und mindestens 72 Stunden nicht zur Ruhe kommen werden. Nach 10 Stunden Flug und nur wenig Schlaf, woran die wirklich opulente Filmauswahl an Bord nicht ganz unschuldig war, landeten wir gegen 13 Uhr Ortszeit in Bangkok.
Es gibt ein paar Dinge, die stehen offensichtlich in keinem der Thailand-Führer.
Gleich nach der Landung stellen sich alle Passagiere in eine lange Schlange vor den Ausweiskontrollen an. Dabei scheinen die Schilder, welche die Einheimischen von den Ausländern trennen und in verschiedene Schlangen schicken (wobei die für letztere natürlich dreimal so lang ist), nur die Unerfahrenen (also uns) ins Bockshorn zu jagen, bei den Einheimischen anstellen hätte ebenso funktioniert und wäre schneller gegangen. Das Visum, das man schon im Flugzeug bekommet, muss übrigens tatsächlich vollständig ausgefüllt werden, auch die Adresse eines (wenn’s sein muss fiktiven) Hotels beschleunigt den Prozess ungemein. Ach ja, und wer den Info-Stand der Thai-Airways sucht (weil er beispielsweise wie wir auf dem Rückflug nebeneinander sitzen will) und nicht (wie wir) durch den ganzen Flughafen irren will, der begibt sich einfach in den vierten Stock der gigantische Anlage. Beladen waren wir beide mit unseren je 10 Kilogramm schweren Rucksäcken und einer Umhängetasche. Einer gewöhnungsbedürftige Last nach dem strapaziösem Flug und der Hitze außerhalb des Flughafens.

Ebenfalls aus unseren schlauen Reiseführern (der Loose und Schachts „Gebrauchsanweisung für Thailand“, um die mal zu nennen) wussten wir, dass wir unbedingt ein offizielles Taxi nach Bangkok nehmen sollen, eins, das sein Taximeter einschaltet und auf dem Highway fährt. Der Highway kostet übrigens Maut. Zweimal und insgesamt 70 Baht (also knapp 2 Euro) und führt direkt ins Herz von Bangkok. Er liefert eine Reizüberflutung alle erster Güte: Gigantische, hochhausgroße Werbetafeln säumen den Weg, auf drei Fahrspuren fahren die Thais teilweise zu fünft nebeneinander, immer wieder erhaschen wir Blicke aufs Umland, größtenteils in Slums und heruntergekommene Siedlungen, direkt dahinter die opulente Skyline. Unser Taxifahrer war ein recht lustiger Vogel mit dem wir uns zwar kaum verständigen konnten, der aber trotz anfänglichen Bedenken unsere vorab im Internet reservierte kleine Lodge in einer unscheinbaren und wenig einladenden Nebengasse des Democrazy Monuments fand. Die Siamese Views Lodge entpuppte sich als nettes kleines Hostel, ganz im urigen Kolonial-Stil gehalten. Das Zimmer, das man uns zuerst angeboten hatte, roch allerdings nach einem feuchten Moosgarten, das zweite erfüllte seinen Zweck jedoch voll und ganz. Trotz der brütenden Hitze, die uns immer noch lieber war als das laute Rattern der Klimaanlage, schliefen wir vor Erschöpfung bis 18 Uhr ein. Erste Station des Abends war die berühmte, mehr oder weniger berüchtigte Kao San Road, das Backpacker-Mekka, das nur ein paar hundert Meter weiter ums Eck lag. Mittlerweile war es dunkel geworden und die Stadt brodelte in der Hitze der Nacht, buchstäblich. Und ebenso brodelte die Kao San Road, eine wilde Suppe unterschiedlichster Eindrücke und Gerüche. Urlauber und Thais schoben sich in Massen durch die Straße, vorbei an rollenden Garküchen, Souvenirshops, Ausweisfälschern, zwielichtigen Schneidern, Supermärkten und grell-lauten Bars. Der Hunger trieb uns an die erste Garküche, die wir erspähten und bescherte uns eine fantastische Einstandsmahlzeit, köstliche Nudeln mit undefinierbarem Fleisch und Gemüse. Wir aßen, auf einem Bordstein sitzend, schwitzend, fasziniert das Treiben auf der Straße beobachtend. Nach einer kleinen Shooping-Tour und ersten Gehversuchen im Handeln fanden wir in einer der Nebenstraßen der Kao San Road eine nette Bar, in der wir das in der Hitze saugut schmeckende Chang-Bier kosteten (ein lokales Bier mit 6,4% Alkoholgehalt). Glücklich, müde und leicht beschwipst wackelten wir anschließend gegen Mitternacht zu unserer Lodge zurück. In der Nähe der Kao San wurde wir noch ein paar Mal von zwielichtigen Gestalten angesprochen, die uns zu einer „Ping-Ping“-Show bringen wollten (dort stellen Frauen allerlei „interessante“ Dinge mit ihrer Vagina an…), je weiter wir uns aber vom Trubel entfernten, desto ruhiger wurden die Straßen. Die erste Riesenratte oder -Kakerlake, die einem Nachts in Bangkok begegnet, lässt einen vielleicht noch erschauern, man gewöhnt sich jedoch recht schnell an die Viecher, die wie selbstverständlich zwischen den überall auf den Straßen schlafenden Thais herumwuseln. Die leichte Erkältung, die ich mir irgendwo auf der Anreise eingefangen hatte, bekämpfte ich wirksam mit Tiger-Balsam (gibt’s in Thailand in jedem Supermarkt) und die erste Nacht in Bangkok war trotz dem nie verstummendem Lärm der Klimaanlagen sehr, sehr erholsam.

Shopping und High Heels für 3 Euro

Nach dem Frühstück in unserer Lodge erklärte uns die nette Dame an der Rezeption, wie wir am Besten zum MBK, Bangkoks größtem Shopping-Center, kommen würden. Wir wollten uns dort noch einmal für unser bevorstehendes Insel-Hopping eindecken. Wir erfuhren, dass es wohl am Schnellsten mit dem Boot gehen würde. Bangkok besitzt ein gut ausgebautes Verkehrssystem. Es gibt Buslinien, den Skytrain, eine Eisenbahn auf gigantisch hohen, betonierten Schienen, eine Metro und eben Boote, die auf den Flüssen verkehren. Und dann gibt es da natürlich auch noch die allgegenwärtigen Tuk-Tuks, doch dazu später mehr. Nachdem wir uns ein paar Mal verlaufen hatten (wir mussten erst wieder lernen, wie man eine Karte liest), und diverse Thais nach dem Weg gefragt hatten (verblüffenderweise kennen sich die Thais in Bangkok offenbar überhaupt nicht aus…), fanden wir schließlich endlich die Bootsanlegestelle. Es schien sich dabei um kein offizielles Transportmittel für Touristen zu handeln, jedenfalls waren wir die einzigen Weißen und weil kein einziges Schild in einer anderen Sprache als Thai verfasst war, hatten wir auch keine Ahnung, wie wir vorgehen sollten. Also sprangen wir ins erstbeste Boot, das kam und hofften inständig, dass der junge Thai mit den blauen Gummistiefeln, dem wir am Pier mit Händen und Füßen zu verstehen geben wollten, was wir im Sinn hatten, uns auch nur einigermaßen verstanden und aufs richtige Schiff gezeigt hatte. Es handelte sich um ein langes, bananenförmiges Boot mit Dach und hochziehbarer Plane an der Seite, um sich gegen das schmutzige Spritzwasser zu schützen. Als der Kassierer dann plötzlich fuchtelnd vor uns stand und mit den 20 Baht, die wir im gaben, nicht ganz zufrieden zu sein schien, ihn weitere 10 Baht ihn dann aber besänftigten (später erfuhren wir, dass öffentliche Verkehrsmittel in Thailand immer einen Preis haben, mit dem man dann beliebig in eine Richtung fahren kann, im Falle des Bootes wären es 12 Baht pro Nase gewesen, also etwa 25 Cent), genossen wir die kurze und wilde Reise zum MBK. Über das Einkaufscenter lässt sich wenig schreiben, man stellt es sich am Besten wie einen 4stöckigen, klimatisierten Markt vor, auf dem es sämtliche Kleider, Schuhe (!), Parfüms, Raubkopien, Handyhüllen und Handys und immer wieder Essensstände und Fast-Food-Restaurants gibt, vor. Die Thais scheinen einen Faible für schwindelerregende High-Heels, Apple- und Samsung-Geräte und Parfüms zu haben. Ich selbst habe einen Akku für meine Kamera und ein Reisehandy für sehr kleines Geld gekauft, ebenso wanderten ein paar schöne Anziehsachen in unsere Plastikbeutel. Zum Handy gabs auch noch zwei Prepaid-Karten, mit denen wir für 1 Baht (also 0,4 Cent!) pro Minute nach Hause telefonieren konnten.

Interessanterweise scheint es in Thailand überall (oder zumindest dort wo wir waren), die gleichen Einkaufsachen zu geben. Und ich meine jetzt nicht das immergleiche Sortiment der allgegenwärtigen 7elevens, so eine Art Thai-Aldi, sondern auch Kleidung und Technik. Manche Dinge, wie beispielsweise westliche Spielsachen scheinen hier völlig fremd zu sein, dafür gibt es dann aber wieder das bereits erwähnte Überangebot an Hüllen für Mobilfunkgeräte oder jene ganz bestimmte Kopfhörer-Marke mit dem markanten Logo, dessen Name mir aber gerade nicht einfallen will.

Erwähnenswert ist vielleicht auch noch das Mittagessen, das wir in einer kleinen, mit Thais überfüllten Fressmeile zu uns genommen hatten. Das Essen in Thailand ist scharf. Sehr scharf. Nicht umsonst wird Touristen gerne geraten, ihr Essen mit dem Zusatz „mai pet“, also „nicht scharf“ zu ordern. Glaubt mir, mai pet ist immer noch sehr würzig. Ich hatte das in der Hitze des Gefechts jedoch vergessen und mein an sich leckeres Nudelgericht trieb mir nicht nur das Wasser aus sämtlichen Körperöffnungen, sondern begleitete mich in Form eines scharfen Nachgeschmacks noch bis tief in den Nachmittag hinein.

Lange hält man es im stark herunter gekühltem MBK jedoch nicht aus und recht bald zog es uns wieder hinaus auf die Straße. Dort fragten wir einen Touristen-Polizisten, der recht gutes Englisch sprach, wo wir am besten einen Flug in den Süden buchen könnten. Er empfahl uns ein Tourist-Information-Center ganz in der Nähe und riet uns, ein Tuk-Tuk dorthin zu nehmen. Tuk-Tuks sind kleine Motorradtaxis mit drei Rädern, die hinten eine Kabine für Passagier montiert haben. Nahezu jeder Reiseführer warnt vor den Dingern, weil sie gefährlich sind (Abgase, keine Sicherheitsgurte, halsbrecherische Fahrweisen) und die Fahrer oft Schlepper sind, die mit Touristen ungewollte Kaffeefahrten veranstalten. Nachdem wir dem Polizisten diese Bedenken kund getan hatten, lachte der nur, winkte einen der Tuk-Tuk-Fahrer herbei, wischten dessen wohl überteuertes Fahrpreisangebot von 50 Baht mit den Worten „I Police!“, wobei er sich auf die Brust klopfte, vom Tisch und so taten wir unsere erste, coole, 5minütige Tuk-Tuk-Fahrt in Bangkok (für 20 Baht) zu besagtem Tourist-Information-Center. Dort gerieten wir an eine nett wirkende, junge, runde Thai, die unser eigentlichen Reiseziel, Krabi, als derzeit nicht möglich erklärte, weil der Ferienbeginn der Thais an jenem Wochenende dazu führten, dass in Krabi alles ausgebucht sei. Später erkannten wir, dass die richtige Formulierung vielleicht eher „alle Hotels, von denen sie Provision für die Vermittlung kassierte“ wäre, aber möglicherweise ist das auch nur eine Unterstellung. Wir entschieden uns für 3 Nächte in Phuket, dann 2 Nächte in Krabi, von wo aus es in den Dschungel gehen sollte.

Nun war noch genug Zeit für eine schöne Massage und die wollten wir ganz stilecht in der Massageschule in der Tempelanlage Wat Po genießen. Da ich schon viel über den Sky Train gelesen hatte und den ausprobieren wollte, entschieden wir uns für einen kurzen Fußmarsch durch ein paar Nebenstraßen zur nächsten Haltestelle. In Thailand herrschte zur Zeit unseres Besuchs noch Nebensaison und so waren mit uns nur wenige (erkennbare) Urlauber in der Stadt. Generell gibts in Thailand kein gleiches Recht für Einheimische und Fremdlinge. Die Locals haben eigene Preise fürs Essen, eigene Verkehrsmittel und sie zahlen in Tempeln keinen Eintritt (dort gibt’s lustigerweise immer zwei Eintrittsportale, das mit dem Drehkreuz ist das für die Urlauber). Nur wer sich in die Garküchen wagt oder mit Bus, Boot und (Sky-)Train fährt, zahlt wie die Einheimischen fast nix (eine eineinhalbstündige Busfahrt zum Flughafen durch die halbe Stadt kostete uns beide 40 Cent). Skytrain fahren ist cool im doppeltem Wortsinn, es ist dank der Superklimaanlage elendig kalt und die Aussicht von den mehrere Meter oberhalb der eigentlichen Stadt verlaufenden Schienen famos. Mit 30 Baht (also knapp einem Euro) ist er allerdings verhältnismäßig teuer. Huh? Echt jetzt? Nein. Nach unseren Verhältnissen natürlich nicht. Aber zumindest wir haben in Thailand recht schnell eine seltsame Einstellung zum Geld entwickelt. Weil viele Dinge wie beispielsweise Essen so unglaublich günstig sind, fängt man an, nicht mehr in deutschen Verhältnissen zu denken. Schuld ist wahrscheinlich auch das allgegenwärtige Handeln und Feilschen um alles und jedes. Aber ich schweife immer wieder von der Geschichte ab. Die geht so weiter, dass wir an unserer Haltestelle nun schon etwas mutig abermals auf ein Tuk-Tuk umstiegen, weil wir mit unserer Touri-Karte mit ihren seltsamen Größenverhältnissen den Fluß nicht fanden, von dem aus wir eine Fähre zu Wat Po nehmen wollten.
Das Tuk-Tuk machte keine Probleme, dafür liefen wir am Pier angekommen schnurstracks in unsere erste Touristenfalle: weil alles angeblich ganz schnell gegen musste und die Fähre tatsächlich schon vollbeladen zu warten schien, hinterfragten wir den Fahrpreis von 400 Baht (10 Euro) nicht und ließen uns auf die Fähre führen. Nur lag an deren anderer Seite ein Long-Tail-Boat, das ausschließlich uns transportierte. Wir hatten also ungewollt eine private Schifffahrt auf dem Chao Phraya gebucht (und übrigens nicht nur wir, wir begegneten auf der Fahrt mehreren ähnlichen Booten mit ebenfalls nur einem Paar Weißen als Passagieren).
Okay, es gibt sicher Schlimmeres als eine wirklich schöne und aufregende Fahrt entlang der vielen Piers, Tempel und exotischen Wohnhäuser. Zum Beispiel das üble alte Thai-Pärchen am Ende der Fahrt, das uns am Landesteg erwartete und 20 Baht Landegebühr kassieren wollte. Ohnehin schon misstrauisch und leicht angefressen machten wir (oder besser gesagt ich), den Fehler, dem zahnlosem Waldschratz den 20er nicht zu geben und ließen uns auf eine wilde Diskussion mit Anschreien und Rumgeschubse ein, in deren Zuge der alte Sack zwar immer wieder grobe Schläge von seiner nicht minder unsympathischen Frau bezog wenn er allzu handgreiflich werden wollte, am Ende wurde uns aber immer unheimlicher und haben schließlich doch gezahlt. Später erfuhren wir dann, dass es in Thailand tatsächlich vorkommt, dass Privatleute Grundstücke kaufen, die von Touristen als Durchgangspunkt genutzt werden müssen und diese dann abkassieren, die Art und Weise des alten Pärchens in Bangkok ist aber sehr traurig und bestätigt, dass Thais in den Städten (weiter im Süden wandelte sich dann unser Eindruck) die meisten Weißen als zweibeinige Geldbörsen ansehen, die sie offenbar nach Belieben auszunehmen und übers Ohr zu hauen können glauben, ohne damit Probleme mit ihrem Karma zu bekommen.

Schließlich landeten wir dann doch noch auf der Massageliege kundiger Masseure, die uns im angenehmen Ambiente der (auch im Dunkeln) sehr schönen Tempelanlage die Schmerzen der Reise aus den Gliedern kneteten.

Brennende Helium-Ballons und Straßenschlägereien

Mit dem Tuk-Tuk gings dann zurück zur Lodge. Von dort aus beschlossen wir, ein in einer Thailand-App als gut beschriebenes Seafood-Restaurant aufzusuchen. Dort hin ging’s mit einem völlig durchgeknalltem vietnamesischen Taxifahrer, der uns wohl nur deshalb wohlbehalten ans Ziel brachte weil er sich in meine Begleitung blitzverliebt hatte. Es stellte sich heraus, dass das Restaurant mitten in China-Town lag.
Ich habe noch nie zuvor eine echte Chinatown gesehen. Jene in Bangkok, die angeblich die Größte der Welt (außerhalb Chinas…) ist, zu beschreiben fehlen mir die Worte. Ein Hexenkessel in schwül-heißer, stinkend-duftender Luft, voller greller Farben, Lichter und Gestalten. Mitten auf den Straßen, durch die sich im Schritttempo Autos und Mofas schieben, laufen Menschen umher, verkaufen Früchte, exotische und sicherlich anderswo verbotene Speisen, sitzen auf der Straße, essen und trinken. Schon nach kurzer Zeit flirren einem Augen und Ohren, die Nase streikt. Der krasse Kontrast dazu war das Fischrestaurant unserer Wahl: Erhellt durch kühles Neonlicht, rappelvoll mit Chinesen, wir die einzigen Weißen, bedient von ungewohnt unfreundlichem Personal. Die von mir bestellten Austern mit Ei kamen in einer seltsamen, schlatzigen Soße verpackt (ein ähnliches Gericht später im Urlaub ließ mich dann vermuten, dass es sich um verkochte Nudeln gehandelt haben muss), im Glasnudeltopf schwammen undefinierbare Teile eines Krustentieres, kurzum, die kulinarische Erfahrung war grenzwertig und viel zu teuer, selbst für europäische Verhältnisse. Nach einem Bummel durch die Hauptstraße der Chinatown, wo wir an den auch hier allgegenwärtigen Garküchen und Fruchtständen unseren restlichen Hunger stillten, kehrten wir mittels Tuk-Tuk auf einen Absacker zurück in die Kao San-Road.

Und was war das für ein Absacker. Wir wählten eine Bar unweit der gestrigen und suchten uns einen Tisch an der Straße, von dem aus wir das Treiben beobachten konnten. Unser stockschwuler Kellner Charlie, ein zierlicher kleiner Thai mit gelbem Poloshirt und ebenso gelber Kappe, klärte uns auf dass das beworbene „Buy 2 Cocktails, get 1 free“ bedeutete, dass man am Ende drei Cocktails am Tisch stehen hatte, und so öffneten wir mit einem Mai Tai, einem Long Island Ice Tea und einem White Russian, auf die noch viele leckere Chang-Biere folgten. Und die sollten wir für die nun folgenden Shows auch brauchen. Los ging’s mit einer wirklich sehenswerten Brakedance-Einlage einiger junger Thais auf der Straße direkt vor unserem Tisch. Gegen Mitternacht folgte ein Verkäufer, der ein großes Bündel Heliumballons dabei hatte, bestimmt 50 Stück. Ein übler Scherzkeks an einem der Tisch weiter rechts von uns zündete einen der Ballons unbemerkt vom Verkäufer an. Zunächst stieg nun der eine Ballon wie eine brennende Himmelslaterne auf, das Feuer sprang jedoch schnell auf die restlichen Ballons über und binnen kurzem wehte ein heftiger Feuerball durch die halbe Straße, der alle Leute panisch davon stoben ließ. Der Feuerball entzündete noch ein paar umliegende Bäume und plötzlich waren alle mit Löschen beschäftigt: Von überall her kamen Leute mit Wasserbehältern gerannt und versuchen panisch, die brennenden Bäume zu löschen bevor die Flammen die umliegenden Häuser erreichen konnten. Natürlich ging am Ende alles gut. Mittlerweile hatte sich ein Pärchen aus Irland zu uns gesellt, mit dem wir uns rege austauschten und auf die nächste Showeinlage abwarteten. Diese erfolgte irgendwann zwischen ein und zwei Uhr. Irgendwer hatte irgendwen in unserer Bar bestohlen und plötzlich brach eine wüste Massenschlägerei, wiederum direkt vor unseren Augen, aus, in der sich die beteiligten Barstühle aus Plastik und Metall um die Ohren schlugen dass es nur so krachte, mittendrin der schwule Charlie, der munter auf eine am Boden liegende Frau eintrat. Als sch das Knäul dann teilweise blutüberströmt trennte kehrte schlagartig wieder Ruhe ein und der eine Polizist, der nur 15 Minuten später heranschlenderte, fand nur das übliche Gewusel auf der Straße vor.
Später dann, als wir gehen wollten, Charlie uns abkassierte und fragte, woher wir denn kämen, brach er in einen Begeisterungssturm aus weil er einen Freund in München habe. Er führte uns zu einem Tisch, an dem ein ebenfalls deutsches Pärchen saß, die Charlies Freund in München kannten und wir alle stießen auf den Zufall dieser Begegnungen an.
Um drei Uhr früh sanken wir schließlich zufrieden und bierseelig ins Bett.

Der schwitzende Palast

Am dritten Tag ging’s gleich nahtlos weiter, bevor wir nach Phuket fliegen würden, wollten wir uns noch den Königspalast ansehen. Alibimäßig, als Ersatz für die unzähligen anderen kulturellen Sehenswürdigkeiten der Stadt. Es war abermals ein wolkenloser, brütendheißer Tag und wir schleppten uns mit schweren Schritten, noch geschädigt von der wilden Nacht, gen Palast. Auf dem Weg dorthin wären wir fast in die nächste Touri-Falle getappt. Ein nett wirkender, gut gekleideter älterer Herr mit Regenschirm erkundigte sich höflich und in passablem Englisch, wohin wir wollten. Als wir unser Ziel angaben, machte er uns (korrekterweise) darauf aufmerksam, dass wir beide dafür falsch gekleidet wären: Der Rock meiner Begleitung war zu kurz, ebenso meine Hose. Er bat uns um unsere Karte und zeichnete, nachdem er sich die Erlaubnis geholt hatte, vermeintlich interessantere Ziele als den Palast ein. Den Palast sollten wir lieber abends besuchen, weil es da dann ein Feuerwerk gäbe. Dann hielt er plötzlich ein Tuk-Tuk an, dessen Fahrer uns bereits beobachtet haben musste. Wir wären zwar niemals eingestiegen, aber eine junge Engländerin, die kurz zuvor wohl schon „Opfer“ der Masche des alten Mannes geworden war, klärte uns dankenswerterweise trotzdem auf: Ein perfekt organisierter Schlepperring mit wirklich verdammt gut ausgebildeten Leuten verwickelt die Leute in harmlose Gespräche. Durch deren Hilfsbereitschaft fühlt man sich in Sicherheit gewogen und stimmt dann vielleicht der als Shoppingtour getarnten Sightseeing-Tour zu. Wenn das nicht klappt, gibt’s wenigstens überteuerte Kleider fürs Königshaus.

Im Palast selbst läuft über Lautsprecher eine Daueransage, diesen Leute nicht zu trauen, aber für viele Touristen kommt diese Warnung zu spät: Man erkennt sie an den potthässlich gemusterten Fischerhosen, mit denen sie in den Palast kommen, vorbei an dem Häuschen, an dem sie wie wir kostenlose, korrekte Kleidung geliehen bekommen hätten. Zwar nimmt es sich die thailändische Königsfamilie heraus, nur Besucher mit langen Hosen und bedeckten Schultern ihren (immerhin 400 Baht pro Person teuren) Palast besuchen zu lassen, die notwendigen Anziehsachen gibt’s aber gratis dazu. Der Palast selbst ist, obwohl schon fast ein Jahrhundert nicht mehr von der Königsfamilie bewohnt, eine wahrlich opulente Anlage hinter der sich jedes europäische Schloss gemessen am Pomp nur beschämt verstecken kann. Der passable, mietbare Audioguide erzählt viel Informatives über Architektur und Geschichte, der Tempel des Jadebuddahs mit selbigem darin ist tatsächlich ein ehrfurchtgebietender Ort. In der höllischen Hitze, vor der auch der Schatten kaum Schutz bietet, kommt allerdings auch das aufregendste Sightseeing zum Erlahmen und so war’s im Palast am Schönsten in den Ruhepavillions, von denen aus man die bunten Heerscharen an Besuchern aus aller Welt wunderbar entspannt beobachten konnte.

Der Tuk-Tuk-Fahrer vor dem Palast, dem ein weiterer doofer Touri zum Abzocken sicherlich lieber gewesen wäre als wir, die wir nun doch schon ein wenig Erfahrung im Umgang mit den Gesellen hatten, ließ sich dann aber doch von der Aussicht, uns nicht nur zur Lodge, sondern anschließend auch zum Bahnhof zu fahren, ködern.
Gegen 14:30 Uhr lieferte er uns an der Hua Lamphong Station ab, von wo wir den Zug zum Don Mueang International Airport nehmen wollten, einfach, weil wir die Zeit dazu hatten. Der Flieger sollte um 17:50 gehen, der Zug würde eine Stunde brauchen, genug Zeit also. Dachten wir.
Am Schalter erfuhren wir dann, dass der nächste Zug erst um 16:30 Uhr abfahren sollte. Was also tun? Doch Taxi? Oder vielleicht den Bus nehmen, der hier alle 15 Minuten Richtung Airport gehe und nur 45 Minuten brauchen würde? Natürlich entschieden wir uns für den Bus. Der kam dann auch, gegen 15:15 Uhr, glaube ich. Vielleicht war’s auch schon halb vier.
Jedenfalls waren die folgenden eineinhalb Stunden der krönende Abschluss für unseren verrückten Bangkok-Aufenthalt: Wieder waren wir die einzigen Weißen, die sich mit dem „klimatisierten“ (=Ventilatoren an der Decke), rumpeligem, stinkendem alten Bus ohne Fensterscheiben drin durch die völlig verstopften Straßen quälten. Immerhin schienen wir die Attraktion für die Schulkinder zu sein, die immer wieder zu- und ausstiegen. Gottseidank half uns einer der Fahrgäste, ein älterer Thai, diesmal offensichtlich tatsächlich einer, der nicht an unserem Geld interessiert war, freundlich und unentgeltlich und führte uns in den Flughafen. Mittlerweile war es halb sechs, vor einer halben Stunde hätten wir einchecken sollen doch, wie sollte es auch anders sein, unsere Maschine hatte zwei Stunden Verspätung, alle Aufregung und alles Bangen war vergebens und dies unsere erste Lektion darin, sich einfach mal zurückzulehnen und das Reisen nehmen wie es kommt. Als das Flugzeug gen Phuket abhob, drehte der Pilot wie zum Abschied nochmals zwei steile Schleifen über Bangkok und schenkte uns so einen unvergesslichen Blick über das nächtliche Antlitz dieser verrückten Stadt. 

Paradise lost

Der Flug nach Phuket dauerte eine Stunde und führte uns durch dicke Wolken, die immer wieder von spektakulären Blitzen durchzuckt wurden. Wahrscheinlich Vorboten dessen, was uns später noch erwarten sollte. Vom Flughafen fuhren wir eine Stunde lang mit einem Minibus nach Pathong, wo wir unser Hotel, die Aloha Villa bezogen. Die Wachmänner davor und die schrillen Neonreklamen auf den Strassen verursachten uns schon ein mulmiges Gefühl. Das leidlich freundliche Personal im Hotel, das zunächst gleich mal 1000 Baht Schlüsselkaution kassierte und dann auf die Wartungsarbeiten am Pool auf dem Dach genau während unserer drei Tage Aufenthalt hinwies, sowie das schmucklose Zimmer, karg ausgestattet und mit weißem, sterilem Fließenboden und Balkon zum Innenhof taten ihr Übriges.
Weil wir aber unbedingt noch die Füße ins Meer stecken wollten obwohl es schon Mitternacht war, rafften wir uns nochmal auf und verließen das Hotel auf der Suche nach dem Strand.
Was uns draußen erwartete, spottet jeder Beschreibung.
Am Besten stelle man sich den Ballermann in Kombination mit der Reeperbahn vor, nehme alles an Glamour und Charme, den die jeweiligen Orte eventuell besitzen, heraus und ersetze sie durch Sextouristen, brütende Hitze, asselige Kneipen und basslastige, laute und schlechte Musik. Wie in den schlimmsten Klischees beschrieben schleppen hier alte, fette Weiße junge, leicht leichtbekleidete Thaifrauen mit leerem Blick ab, alle zwei Meter springt einen jemand an, der eine Ping-Pong-Show oder Rosen verkaufen will, und wenn das nicht anschlägt, bekommt man noch eine laminierte Seite voller Fotos junger Frauen (und Männer), die dem Betrachter ihre Geschlechtsteile präsentieren, unter die Nase gehalten.
Übrigens hat sich hier keiner daran gestört, dass wir ganz offensichtlich als Paar auftraten. In jeder Bar tanzen halb- und nackte Frauen an Stangen, umringt von saufenden Weißen. Nicht jede dieser Einrichtungen scheint zwangsläufig ein Puff zu sein, es waren auch viele weiße junge Pärchen hier, die offensichtlich das Ballermann-Feeling schätzen, wir konnten uns jedenfalls nur entsetzt ansehen und wir waren uns einig: nur weg von hier. Der Strand war dunkel und relativ ruhig, ein paar Himmelslaternen schwebten über dem Wasser und eine Gruppe Jugendlicher war damit beschäftigt, eine bestimmt zwei Meter große Laterne zum Starten zu bewegen. Die entpuppte sich mit ihrem Gewicht dann aber wohl als aeronautische Fehlkonstruktion und versank unter lautem Gejohle in der Brandung.
Der kurze Strandspaziergang hatte nicht die erhoffte Wirkung auf uns: der Schock saß zu tief. Wir fanden eine kleine Garküche an einer etwas abseits gelegenen Straßenecke und schmiedeten noch vor Ort sofort den Plan, Phuket am nächsten Morgen zu verlassen. Nach einer unruhigen Nacht, in der uns neben der lauten Musik und den dünnen Wänden auch noch eine afghanische Zimmerparty nebenan den Schlaf raubte, durchsuchten wir am nächsten Morgen mit Hilfe von Loose und agoda.de unsere Alternativen. Auch versuchten wir, unseren Kontakt von der Tourist Information zur Mithilfe zu bewegen, auf Grund der schlechten Telefonverbindung mussten wir aber auf zeitraubende Simsen ausweichen und nahmen unser Schicksal schließlich endlich selbst in die Hand.
Wir buchten über Agoda zwei Nächte im Elixier Ressort auf Koh Yao Yai, stritten unsere 1000 Baht zurück, die man uns zunächst ob unserer verfrühen Abreise nicht aushändigen wollte und machten uns auf die Suche nach einem Taxi, das uns zum Bang Rong Pier bringen sollte.

Auch tagsüber gewann Patong keinen Schönheitspreis, die alten Säcke führten ihre Thaifrauen zum Frühstück aus, aus den Bars, in denen notdürftig das Chaos der Nacht beseitigt wurde, drang der Gestank aus kaltem Rauch, Schweiß und Alkohol und die Gebäude sahen in der bereits wieder drückenden Hitze im Tageslicht noch trauriger und schäbiger als nachts aus. Angeblich hat die Taxi-Mafia Phuket fest im Griff und tatsächlich fanden wir kein öffentliches Taxi. Über einen Polizisten orderten wir einen privaten Fahrer, der uns für 800 Baht in seinem riesigem Geländewagen auf die andere Seite Phukets knapp eine Stunde lang zum Bang Rong Pier fuhr. Das Hinterland war dann tatsächlich etwas schöner als Patong und der Fahrer erzählte uns nach einer kurzen Aufwärmphase ein paar interessante Dinge über seine Insel. Vielleicht haben wir Phuket auch Unrecht getan und hätten mit etwas Mühe sicherlich auch dort schöne Fleckchen gefunden, aber unsere Risikolust war auf einen Nullpunkt angelangt. Der Taxifahrer fand schließlich den von uns gesuchten Pier, der fest in der Hand der Einheimischen war und an dem wir abermals eine Attraktion zu sein schienen wie wir da hilflos mit unseren Rucksäcken umherirrten und verzweifelt die Ablegestelle der Fähre suchten, während wir, mittlerweile komplett verunsichert vom Gebahren der Einheimischen, diese wohl komplett missverstanden, wobei sie uns tatsächlich nur helfen wollten, uns und unser Gepäck auf die Fähre zu schaffen. Der Pier war klein und anders als alles, was wir bisher in Thailand gesehen hatten. Er lag in einer schmalen, von Mangroven eingerahmten Bucht, Fischerboote dümpelten in der Sonne und Menschen lagen trage im Schatten der verfallenen Gebäude. Außer den Fährleuten hatte uns noch keiner angesprochen oder wollte uns etwas verkaufen.

Erst als der Fahrtwind uns die Gischt ins Gesicht blies und die Fähre über das türkisblaue Meer hüpfte, welches gesäumt war von weißen Stränden und saftigem Dschungel, wagten wir zu hoffen, dass wir nun doch endlich im Paradies angelangt waren. 

Paradise found

Koh Yao Yai ist neben Koh Yao Noi eine von zwei zwar bewohnten, aber touristisch noch nicht im Übermaß erschlossenen Inseln im Osten Phukets. Zwar gab es ein paar Ressorts, die fünfundvierzig-minütige Fahrt über die Insel präsentierte uns jedoch eine recht ursprüngliche Landschaft. In den Reisfeldern grasten Wasserbüffel, im Wald ernteten die Menschen Kautschuk und Kokosnüsse, alle Hütten standen auf Pfählen und unter ihnen waren Hängematten gespannt, in denen die Einheimischen die Mittagshitze verbrachten. Alles schien friedlich und wildromantisch und das war es wohl auch.

Das gleiche galt für unser Ressort, das lag direkt am Meer, wir bezogen eine kleine, komfortabel eingerichtete Hütte mit schicker Aussendusche und eigener Sonnenterasse. Und hier waren wir dann auch das erste Mal im Paradies, das ist der Ort, an dem diese Zeilen entstanden sind, auf einer Liege am schneeweißen Strand und Mandelbäumen, träges Meeresrauschen, das Gezwitscher der Vögel und das gelegentliche Geschrei der wilden Affen im Ohr. Und das beste, weil immer noch Nebensaison herrschte, waren wir fast komplett allein und teilten uns den riesigen Strand und das nette Restaurant am Strand mit nur wenigen anderen Pärchen. Hier hatten wir knapp zwei Tage Zeit, herunterzukommen, die Seele baumeln zu lassen, zu schwimmen, uns beim Schnorcheln fette Sonnenbrände einzufangen, Fotos zu schießen, zu schlemmen und einfach nichts zu tun. 

Krabi

Am fünften Tag unserer Reise sollten wir dann in Krabi sein, denn dort hatten wir ja über das Tourist Information Center das nächste Hotel gebucht. Mittlerweile war uns auch klar geworden, dass diese Läden nichts anderes als getarnte Reisebüros sind, die sicherlich mehr ihr eigenes Wohl als das der Touristen, welche die Center in der Hoffnung nach kompetenter Hilfe aufsuchen, im Sinn haben. Nun gut, wir haben unsere Lektion gelernt und planten von nun an alles selbst. Zwar war unser Bungalow in Ao Nang auch nicht wirklich schlecht, aber zunächst waren wir natürlich durch das Elixier verwöhnt. Doch vorher mussten wir erst einmal nach Krabi kommen. Das taten wir mit der Fähre, die blutig früh um 7:30 Uhr am anderen Ende von Koh Yao Yai ablegte. Das bedeutete für uns Aufstehen um 6 Uhr, wieder 45 Minuten Taxifahrt, eine Stunde Überfahrt nach Krabi und von dort nochmal eine halbe Stunde Im Taxi zur Ao Nang Beach.

Im Mild Bungalow, unserem Ressort, angekommen, riet man uns gleich, ein Mofa zu mieten um an der Küste flexibler zu sein. Wenig später tat ich die erste Mofafahrt meines Lebens! Das klappte dank der Automatik der Honda ganz gut und nur wenig später düsten wir, ohne auch nur einen Gedanken auf Führerschein, Schutzkleidung oder gar Versicherung zu verschwenden, die Küste entlang. Okay, wir waren die einzigen, die (zumindest am ersten Tag) Helme trugen, ein Tribut an unser deutsches Obrigkeitsdenken. Immerhin herrscht auch im Thailand Helmpflicht, auch wenn sich keine Sau drum schert. Eine etwas größere Herausforderung stellte da schon der Linksverkehr dar, nach kurzer Eingewöhnung waren wir dann aber wohl nur noch eine sehr überschaubare Gefahr für die anderen Verkehrsteilnehmer.

Wenn wir in Thailand nicht weiter wussten, haben wir meist immer geschaut, was die Einheimischen machen. In Ao Nang kam uns zu Gute, dass die Thais, oder zumindest der stark vertretene muslimische Teil, tatsächlich Ferien zu haben schien. Die Locals schlagen ihre Lager einfach in den Wald der kleinen Lagune da auf? Dann machen wir das auch. Nach dem Mittagsschlaf im Schatten knurrt der Magen? Fein, die Garküchen etwas weiter vorne verleihen Sitzmatten und liefern das Essen direkt an den Strand. Meine Begleitung meinte übrigens, dass sie keine Ahnung habe, wie sie zu Hause jemals wieder ein Hendl essen sollte, nachdem sie nun wusste, wie sowas wirklich schmecken konnte und tatsächlich, das gebratene Huhn, dass wir damals zusammen mit tütenweise leckerem Klebereis direkt am Meer an der Noppara Thara Beach zwischen den Einheimischen verzehrten, wird immer eine kulinarischen Ehrenplatz bei mir einnehmen. Nur Baden haben wir uns hier nicht getraut, denn für Frauen schickt es sich nicht ins Wasser zu gehen und wenn doch dann nur in voller Montur mit Shirt und Hose. Baden scheint den Männern und Kindern vorbehalten und religiöse Gefühle wollten wir keine verletzen wenn wir uns schon unter die Einheimischen mischen.

Abends fuhren wir dann mit dem Mofa in die nahe gelegene kleine Stadt, in der wir es uns richtig gut gehen ließen: Aloe Vera-Massage am Strand, leckere Frucht-Smoothies schlürfen und über die Promenade schlendern. Das Paradies ließ uns so schnell nicht wieder los.

 

Railey Beach und die Penishöhle

Von der Ao Nang Beach aus starten zahllose Touren zu den berühmten Inseln und Atollen wie Phi Phi-, James Bond oder Chicken Island. Am Anfang waren wir etwas überfordert von den vielen Angeboten, welche die Long-Tail-Kapitäne gerne überfallmässig unters Volk bringen möchten. Immerhin sind die Händler (mit Ausnahme der allgegenwärtigen Schneider) hier nicht mehr ganz so aggressiv. An unserem zweiten Tag in Krabi entschieden wir uns für einen Besuch von Railey Beach, einer nur mit dem Long-Tail-Boot zu erreichende Landzunge mit drei wunderschönen Stränden. Was in den grösseren Städten die Tuk Tuks sind, sind in Küstennähe die Long-Tail-Boote. Die Wassertaxis sind lange Holzboote, bewegt von einem offen liegendem Automotor am Heck, der eine Schraube antreibt, die allerdings ca. vier Meter hinter dem Schiff erst ins Wasser ragt: dem charakteristischen Long Tail. Außerdem sind sie laut, stinken und man muss meist erst durchs Wasser waten um sie zu erreichen. Und natürlich versuchen ihre Besitzer genauso wie ihre Pendants an Land immer und überall den höchsten Fahrpreis rauszuschlagen. Und trotzdem sind die Dinger unglaublich spaßig. Mit ihnen über das Meer entlang zu preschen, eng an den verrückten Felsen vorbei, wenn sie gischtspritzend über die Wellen hüpfen während die schönen leeren Strände und einsamen Buchten an einem vorbeiziehen ist ein unvergessliches Erlebnis! Railey Island (oder -Beach) war eine Reise wert: drei schöne, in der Nebensaison größtenteils leere Strände sind über einen Pfad miteinander verbunden. In der Mitte gibt’s ein paar nette Ressorts mit Restaurants und einer kleinen Einkaufsstraße. In einem der gigantischen Felsen versteckt sich eine Lagune, ein natürlicher Salzwassersee, der völlig abgeschottet vom Meer eingefasst von unendlich hoch scheinenden Felsen nur über einen abenteuerlichen Steig zu erreichen ist. In Deutschland sicherlich undenkbar führt der Weg fast senkrecht hinauf und hinab, eine gute halbe Stunde lang bei schweißtreibender Hitze, Schlamm und Moskitos. Immerhin helfen an den ganz vertrackten Stellen dicke Seile beim Auf- und Abstieg, zahlreiche kaputte Flip-Flops am Wegesrand sind stumme Zeugen, dass nicht jeder Wanderer die Lagune auch mit eigenen Augen gesehen hat. Wer kann, bringt so wie wir festes Schuhwerk mit und tut sich damit sicherlich um einiges leichter. Die Lagune belohnt einen dann allerdings mit einem erfrischendem Bad in imposanter Natur für die Strapazen.

Danach lässt es sich prima an der berühmten Phra Nang Beach ausspannen. Wer so wie wir Glück hat, gerät nachmittags in einen kurzen Regenschauer, der dann auch die wenigen letzten Touris vertreibt (Regen lässt sich vortrefflich bei einem Bad im warmen Meer aussitzen) und hat dann den imposanten Traumstrand ganz für sich allein. Man muss nur aufpassen, dass man sich vor 18 Uhr ein Long-Tail-Boot zurück nach Ao Nang schnappt, denn später ziehen die Fahrpreise richtig an.

An unserem ersten Abend in Ao Nang haben wir in einer Bar drei lustige Österreicher getroffen, die uns dann zufällig auf dem Weg zur Lagune wieder begegneten und noch zufälliger am zweiten Abend beim Shoppen. Das haben wir dann zum Anlass genommen, um gemeinsam Halloween bei Vollmond in einer gemütlichen Reggae-Bar (inklusive Thai-Bob-Marley) bis tief in die Nach zu feiern.

 

Schnorcheln im Sonnenuntergang und das leuchtende Plankton

Für den nächsten Tag hatten wir einen Sunset-Snorchel-Trip gebucht. Solche Touren klappen in Thailand immer sehr gut, man wird am Ressort abgeholt, bekommt einen Aufkleber mit dem Tour-Namen aufgepappt und geht nie verloren beim Wechsel zwischen Auto, Van und diversen Booten. Schnorcheln kann man um Krabi herum fast überall, auch wenn die meisten Riffe wohl bereits zerstört sind. Fische zum Angucken gibt’s jedoch genug. Dank Nebensaison teilten wir uns unser Long-Tail-Boot nur mit zwei Schweden und der vierköpfigen Besatzung. Die Schweden waren schwer aus der Reserve zu locken und die meiste Zeit eher desinteressiert ob der sie umgebenden Schönheit, uns gefiel die Tour mit Inselhopping dafür umso mehr. Auch hier erwischte uns ein monsunartiger Regenschauer und auf dem Meer ist der nicht mehr ganz so spaßig wie im seichten Wasser am sicherem Strand. Da wird’s dann nicht nur nass von oben und unten, sondern auch noch bitterkalt, was zu jämmerlich schlotternden Thais und offenbar kälteressisenten Schweden führte. Ein Hoch an dieser Stelle an meine Drybag, die beste Investition, die ich in Thailand getätigt habe und die ich jedem Urlauber auch als erste empfehle. Meine Kamera überlebte diese irren Witterungen. So schnell wie er gekommen war ging der Schauer dann auch wieder und so konnten wir den Sonnenuntergang bei einem leckerem Barbecue an dem Phra Nang Beach bewundern. Abschließendes Highlight: ein Bad in einem Schwarm fluoreszierendem Plankton. Wer den Life of Pi-Trailer kennt, weiß wie das aussieht: wie unzählige Wasserglühwürmchen, die zu leuchten beginnen, wenn das Wasser um sie in Bewegung gerät. Level 1: mit der Hand in der pechschwarzen See herumrühren. Level 2: reinhüpfen. Ein seltsames Gefühl, wenn um einen nichts weiter als warme Dunkelheit voller Glühpünktchen herrscht. Vor Aufregung habe ich sicher den ein oder anderen Minikrebs verschluckt.

Die Gezeiten sorgen übrigens dafür, dass die Wasserlandschaft in einem steten Wandel ist. Besonders die Piers sind davon betroffen, denn wo sich das Meer zweimal am Tag zurückzieht um anderswo Besorgungen zu machen, verändern sich auch ständig die Ankerpunkte der Schiffe. So kann es, wie in unserem Fall, schon mal passieren, dass man nicht mehr dort landet, wo man mittags mit dem Boot gestartet ist, sondern erst einen halben Kilometer vom Wasser über einen Steg zum Festland laufen muss. Was in unserem Fall jedoch auch recht angenehm war, weil es in absoluter Stille im Mondlicht geschehen ist. Die Schweden haben eh nix gesagt und wir haben nur dem Gesang des Imans gelauscht, den der warme Wind vom Festland hertrug.

Eine kleine Herausforderung sollte der Abend jedoch noch bereit halten: Wegen des anstehenden Aufenthalts im Dschungel musste dringend unsere Wäsche gewaschen werden. Bisher haben wir das nur einmal auf Koh Yao Yai machen müssen, wo wir einen Teil selbst und den anderen das Hotel gewaschen hat. Kleiner Tipp am Rande: die Hotels rechnen nach Stück und Art der Kleidung ab, die Wäschereien in den Ortschaften nach Kilo. Letzteres kommt einen natürlich günstiger, wenn man die Wäsche erst am nächsten Tag wieder holt. Meistens kostet das Kilo Wäsche 30 Baht, also keinen Euro. Da wir die Selbstwaschmaschinen auch nach intensivem Moped-Sightseeing nicht gefunden haben, mussten wir eine der um halb zehn abends noch geöffneten Waschstuben überreden, eine kleine Nachtschicht einzulegen. Die drei Stunden Wartezeit überbrückten wir dann im Internet-Café mit Reiseplanung (im Tourizentrum kostete eine Stunde Internet 100 Baht, draußen im Vorort neben der Wäscherei 20.) und in einer netten Bar eines sehr redseligen Aussteiger-Holländers namens Konrad am Ortsrand, bei dem es angeblich das beste Chicken-Kebab Thailands gibt.

Soweit ich das beurteilen konnte, stimmt das auch.

Riesenspinnen in Khao Sok

Khao Sok ist der größte Nationalpark in Thailands Südenund war unser nächstes Ziel. Wir reisten nur mit leichtem Gepäck, unsere Rucksäcke deponierten wir im Ressort in Ao Nang. Wir wussten nicht viel über den Trip, außer dass es in den Dschungel gehen sollte und wir in einem Baumhaus schlafen würden. Unser sympathischer Guide, ein tuckeliger Ladyboy mit langen schwarzen Haaren und perfekt manikürten Nägeln holte uns im Ressort ab und setze uns in einen Mini-Van, der uns in knapp zwei Stunden in den Nationalpark kutschierte. Erste Station war eine einstündige Kanufahrt durch den Dschungel, nahezu lautlos glitten wir an schlafenden Baumschlangen, Fröschen und Kaimanen vorbei. Weiter ging’s mit einem Besuch in einem Affentempel voller lustiger Makaken und als Highlight auf einem Elefanten ebenfalls eine gute Stunde lang über einen abenteuerlichen Dschungelpfad. Die thailändischen Elefanten trifft ein trauriges Schicksal. Einst zu tausenden herangezüchtet um im unwegsamen Gelände bei der Holzausbeutung des Urwalds eingesetzt zu werden, wurden sie mit der zunehmenden Einführung der großen Nationalparks quasi arbeitslos. Die Elefanten mit Pech wurden zu armseligen Zirkusattraktionen in den großen Städten, die mit mehr Glück landeten in den Parks in jenen Bereichen, in denen sie Besucher durch den Urwald tragen, und das im Prinzip frei und selbstbestimmt. Denn ähnlich wie andere domestizierte Tiere wie beispielsweise Pferde und Hunde brauchen Elefanten Beschäftigung. Hinzu kommt, dass die Tiere so alt wie Menschen werden und immer eine Bezugsperson, ihren Mahut benötigen, der sie im Idealfall ein Leben lang begleitet. Und natürlich die Unterhalt- und Futterkosten, die pro Tier mehrere tausend Euro im Monat, ein Vermögen in Thailand, betragen. Jedenfalls ist es absolut beeindruckend wie trittsicher diese großen Viecher selbst im unwegsamsten Gelände sind. Kein Geländefahrzeug der Welt kann da auch heutzutage mithalten.

Unsere letzte Station war das Tree Top River Huts, ein kleines Ressort mit Baumhäusern direkt am Eingang des Nationalparks. Keine Klimanlage, nur ein träger Ventilator sorgte dort für etwas Abkühlung, unter dem Moskitonetz lies sich dann auch prima der nachmittägliche Gewitterschauer schlafend aushalten. In einer kleinen Ortschaft nebenan, wo wir in einer gemütlichen Bar ein junges Pärchen aus Augsburg trafen und uns über unsere Reiseerfahrungen austauschten, klang der Abend aus. Nachts wird es im Dschungel nie still, immer summt, zirpt, schreit oder kreischt irgendein Insekt oder Viech (Unser Highlight: Die Zikade, die wie eine Kreissäge singt. Wir dachten zunächst dass sich nebenan eine Baustelle befindet…). Die gelegentlichen Regenschauer stören die Tiere wohl überhaupt nicht. Bis auf ein paar Ghekos, Ameisen und den ein oder anderen Kakerlaken und natürlich Moskitos blieben wir übrigens stets von tierischen Mitbewohnern verschont, beziehungsweise haben sie einfach nicht bemerkt. In dieser Beziehung hatte ich mir unsere Reise schlimmer vorgestellt. Die einzigen unangenehmen Zusammentreffen hatten wir mit Kakerlaken, Meine Begleitung ist in Ao Nang eine mal nachts im Bett übers Gesicht gerannt, mir ist eine in einer Nobel-Bar in Bangkok in die Hose gekrochen.

Nach dem üblichem faden Frühstück (so gut das Essen sonst immer schmeckt, Frühstück und Süßspeisen stechen nie besonders hervor) wurden wir von unserem perfekt Englisch sprechendem Guide (die Liebe zu einer Schwedin zwang ihn, Englisch zu lernen), dem 28jährigem Kui, aufgegabelt und in den Nationalpark geführt. Gleich zu Beginn erklärte er uns den Umgang mit den hiesigen Blutegeln: die hocken nicht wie bei uns im Wasser, sondern mitten auf den Wegen um im Waldboden. Dort warten sie mit gereckten Körper auf Tiere oder Schuhe, die in ihre Reichweite gelangen, docken blitzschnell an und arbeiten sich dann über Schuhe und Socken hoch zur nackten Haut. Das war auch der Grund, warum Kui uns zu kurzen Hosen geraten hatte, dann sieht man die Biester nämlich schneller. Bei langen Hosen kann es passieren, dass die Egel unbemerkt bis in den Nacken hochkriechen, von wo sie, einmal festgesaugt, nur sehr schwer und schmerzhaft zu entfernen sind. Wir haben übrigens gleich mehrere von uns abgepflückt. Daneben fühlte sich der Trip ein bisschen wie eine Wanderung durchs Jenbachtal an, nur mit dichterer Vegetation, mehr Schmetterlingen und natürlich Hitze. Diese macht ein Bad im kühlen Fluss, der dann wieder ironischerweise egelfrei ist (dafür von bissigen Kugelfischen bewohnt), zu einem unglaublich befreiendem Erlebnis. Und das anschließende Trockensonnen auf einem großen Stein mit der einen umgebenden Fauna (zum Beispiel heulende Affen in den Bäumen) und Flora verlieh unserem Urlaub wieder eine ganz neue Facette. Obwohls im Khao Sok-Park auch wilde Elefanten geben soll, haben wir außer deren Spuren und Dung keine mit eigenen Augen gesehen. Dafür allerdings diese unglaublich großen Spinnen, die man meist erst auf den zweiten Blick am Wegesrand erspähen kann.

Nach einem reichhaltigem Mittagessen fuhren wir dann wieder zurück nach Ao Nang, wo wir unsere letzte Nacht verbrachten, nachdem wir zuvor nochmals einen lustigen Abend bei Konrad, dem Holländer, in seiner Bar verbracht hatten.

 

Koh Lanta und wir so: hier bleiben wir.

Nach all den Abenteuern stand uns nun wieder der Sinn nach etwas Luxus. Nach einigem Hin und Her, welche Insel es nun werden sollte, in die engere Auswahl waren Koh Lipe, Koh Yum und Koh Lanta gefallen, entschieden wir uns für letztere. Von Ao Nang Beach fährt ab November eine Fähre für 400 Baht pro Nase nach Koh Lanta, entnervend langsam und mit ein paar Zwischenstopps, aber auf Minivan hatten wir keine Lust. Wir buchten uns für fünf Nächte im Andalay Ressort ein, in dem wir für ein Zimmer pro Nacht 50 Euro statt den (angeblichen und auch nicht gerechtfertigten) 350 Euro bezahlten. Das Ressort besteht aus nur 10 kleinen Bungalows mit gehobener Ausstattung direkt am Meer, jeder mit eigener Terrasse und Teich. Mich hat hier vor allem das Meer beeindruckt. Das ist zwar überall in Thailand schön gewesen (außer vielleicht da, wo die Thais einfach ihren Müll reinkippen), auf Lanta gabs aber zum ersten mal richtig feine Wellen! Und ich hatte schon ewig keine richtigen Wellen mehr erlebt (in Ägypten existierte dank den vorgelagerten Riffen ja keine richtige Brandung), dementsprechend viel Zeit verbrachte ich auf Lanta im Wasser. Nachdem es unseren ersten Tag dort allerdings ziemlich verregnet hatte, im Süden regnet es um diese Zeit noch deutlich öfters als weiter oben um Bangkok rum, ruhten wir uns ausgiebig in unserem Luxus-Schlafzimmer aus und gingen erst abends als unsere Mägen zu knurren begannen, den schönen Strand entlang auf der Suche nach einem netten Lokal. Derer gab’s da gleich mehrere, unsere Wahl fiel auf Joey’s Bar & Restaurant, weil davor ein einladendes Barbecue angerichtet war. Die Restaurants hier wissen alle, was Urlauber suchen: einen Ort möglichst nah am Meer, mit Flair und Gemütlichkeit. Das Joe’s sieht ein wenig aus wie ein Baumhaus, hat mehrere Stockwerke mit Nischen, in denen man auf Polstern liegen kann, was auf den Grill soll sucht man sich direkt aus der Kühlbox mit frischem Meeresgetier und Fleisch aus.

Was wir jedoch am bemerkenswertestem fanden und was sich in den kommenden Tagen noch vertiefen sollte: die Einheimischen hier waren unglaublich nett. Alle lächeln zurück wenn man sie anlächelt, viele kommen von sich aus und möchten sich unterhalten OHNE etwas zu verkaufen, das erste mal hatten wir das Gefühl, nicht nur Goldesel für die Einheimischen zu sein, sondern willkommene Gäste. Ein paar mal wurden wir hier zum Abschied sogar umarmt. Überhaupt ticken die Uhren auf Lanta etwas anders: um 22 Uhr machten mit Ausnahme von ein paar Bars die meisten Lokale und Geschäfte zu, alles scheint hier daneben viel ruhiger und gelassener abzulaufen. Am Tag darauf mieteten wir uns wieder ein Mofa und erkundeten die Insel. Ganz im Süden gibt’s auf Lanta einen Nationalpark, dazwischen fanden wir viele kleine und malerische Buchten, in denen wir kaum oder keine Leute trafen. In einer Bucht, der Ao Nui Beach, entdeckten wir eine kleine Hütte aus Treibholz, in der ein lustiger Rasta-Thai namens Kala Kokosnüsse und frisch gemusten Ananasssaft verkaufte und uns Geschichten über die Insel erzählte. Leider konnte er unseren 500 Baht-Schein nicht wechseln, worauf er meinte, wir sollten einfach beim nächsten Mal bezahlen. Ähnliches geschah uns an der Klong Jark Bay weiter unten, in der wir die kleine Garküche von Sid, einem leicht verrücktem, aber richtig nettem Thai mittleren Alters, der an seiner Hütte ein riesiges Graffiti von sich selbst hatte, fanden und uns ein Überraschungen-Mittagessen zubereiten ließen: auch hier meinte Sid einfach, wir sollten beim nächsten Mal zahlen. Das wirklich bemerkenswerte: in Bangkok beispielsweise hätten die Menschen lieber den 500er behalten und es als unser Pech angesehen wenn wir es nicht passend hatten oder sie nicht wechseln konnten, hier auf Lanta ist’s genau andersrum. Die Menschen vertrauten uns.

Weil ich gerade das Essen erwähnt habe: ich glaube, darüber habe ich bisher noch gar nichts geschrieben. Welch Sakrileg! Denn das Essen Thailand ist das allerbeste am Urlaub gewesen. Nun habe ich ja ohnehin eine Leidenschaft für die asiatische Küche, aber was mein Gaumen in diesem Urlaub erleben durfte, spottet jeder Beschreibung. Ich kann eigentlich überall, egal ob in einer Garküche oder einem schönem Restaurant am Strand, blind auf die Karte deuten und was immer ich auch bekomme, mir schmeckt’s vorzüglich. Es ist ohnehin immer ein wenig Glück bei der Essenauswahl dabei, denn auch wenn viele Karten ihr Angebot auch in englischer Sprache erklären, das was man sich beim Lesen vorgestellt hat, ist selten das was man dann auch auf dem Teller hat. Allerdings im Positiven. Same same but different, wie’s immer so schön heißt. Die meisten Gerichte sind Kombinationen aus verschiedenen Varianten, aus denen man wählen muss. Zunächst entscheidet man sich für die Hauptzutat: Gemüse oder Fleisch und wenn Fleisch, dann Hühnchen, Schwein oder Rind? Oder darf’s was aus dem Meer sein? Garnelen, Fisch oder Tintenfisch? Dazu wählt man dann Reis oder Nudeln, eine Soße und eine Geschmacksrichtung. Scharf? Süß und Sauer? Thai-Style oder lieber indisch? Am Strand gibt’s oft auch frischen Fisch, den man sich dann auf dem Grill zubereiten lassen kann. Meist liegt der in einer Kühlbox und man deutet auf das, was man essen möchte. Darin findet man auch schon mal Tigergarnelen oder Hummer, die allerdings immer zu mehr als angemessenen Preisen, sprich, diese Speisen sind anders als der Rest richtig teuer, auch nach unseren Maßstäben. Alle anderen Speisen sind so günstig dass man es meist kaum glauben mag. In einer Garküche kriegt man für einen Euro eine reichliche und süperbe Mahlzeit inklusive einer Flasche Cola. Man muss übrigens nicht in die teuren Restaurants gehen um richtig gut zu essen. Merkwürdigerweise kann ein gegrilltes Huhn oder eine Suppe aus einer Garküche am Straßenrand mindestens genauso gut schmecken. Die alte Regel „teuer = gut“ gilt in Thailand auf wundersame Weise nicht. Die Restaurants sind trotzdem nicht zu verachten. Eingebettet in viel Flair, in schönem Ambiente, meist auch mit Feuershow, kann man für 10 Euro schlemmen bis einem der Bauch zu platzen droht. Natürlich inklusive Getränken, Vor- und Nachspeise. Zum Essen schmeckt am besten ein eiskaltes Bier oder ein leckerer Frucht-Smoothie aus frischen Früchten, an denen man sich gar nicht satt trinken kann so freudig laufen sie die durstige Kehle runter. Wasser sollte man in Thailand bekanntlich nicht aus der Leitung trinken, weil einen sonst Montezumas Rache ereilt, Trinkwasser gibt’s aber überall für kleines Geld zu kaufen, die Literflasche für um die 40 Baht. Die Floskel „mit Gas“ kennt man übrigens in Thailand nicht, wer Sprudel will, muss Soda ordern.

Und trotz dem ganzen Geschlemme habe ich in drei Wochen vier Kilo abgenommen. Das nenne ich mal eine angenehme Diät.

 

Same same but different

Es macht eine Mordsgaudi, mit dem Mofa die buckeligen Küstenstraßen entlang zu cruisen, immer auf einer Seite die phänomenale Küste, auf der anderen der Dschungel (…und Claudia hinten drauf). Und hier kann es einem dann schon mal passieren, dass eine Horde Affen die Fahrbahn kreuzt. Nach einer kurzen Rast am Hotelpool und dem Aussitzen des nachmittäglichen Regenschauers (den Rest des Tages war es übrigens wieder schön gewesen) machten wir uns auf nach Ban Saladan. Das ist ein geschäftiges Touristenörtchen mit ein paar netten Shops und guten Seafood-Restaurants direkt am Meer. Wir entschieden uns für das Black Pearl, Claudia für einen 450g schweren Red Snapper vom Grill und ich für ein leckeres rotes Thai Curry. Die Rückfahrt in der Dunkelheit kostete uns dann allerdings wieder ein paar unserer sorgsam gepflegten Nerven, denn: mit fast leerem Tank eine Abzweigung verpassend plötzlich mitten im Dschungel zu stehen und sich ratlos wundern zu müssen, dass einem die Umgebung irgendwie gar nicht mehr so bekannt vorkam pumpt Adrenalin in den Körper. Gottseidank kam just in jenem Moment eins der coolen Insel-Feuerwehrautos des Weges, dessen nette Feuerwehrleute Claudia den richtigen Weg erklärten und wir somit am Ende doch nicht im Dschungel schlafen mussten.

Mit jedem Tag den wir auf Lanta verbrachten erkundeten wir die Insel ein wenig mehr. Größtenteils mit dem Mofa, doch auch eine Kanufahrt hatten wir uns eingebildet. Und es war gar nicht so leicht, so ein Kanu auf Koh Lanta aufzutreiben. Zumindest nicht, wenn man es wie wir zur privaten Erkundung und nicht im Rahmen einer Tour verwenden möchte. Zum Glück hatte uns Sid, bei dem wir am Vortag Mittag gegessen hatten, ein Kanu in Aussicht gestellt und das hat dann beim Wiederbesuch und Schuldenbegleich auch wunderbar geklappt. Mit dem Boot fuhren wir bis zur Last Bay, dem letzten Strand an der Westküste schon mitten im Nationalpark. Das zweifelhafte Highlight hier sind Affen, die sich besonders für die Badesachen der Urlauber zu interessieren scheinen und diese gerne mal stibitzen und in den Wald verziehen. Hier war’s also eher unentspannt und so paddelten wir zurück zur Bamboo Bay, deren Südflügel wir dann auch ganz allein für uns hatten und dort sogar, hüstel, textilfrei die paradiesische Atmosphäre genießen konnten.

Weil die Ruderei dann aber unterm Strich viel zu anstrengend war, fuhren wir zurück zu Sid und pflegten nach einem ordentlichen Imbiss noch ein paar Stunden unsere Sonnenbrände. Am Abend dann fanden wir ein nettes Restaurant am Strand, das Same Same but different und im Anschluss daran eine kleine Bar gleich bei unserem Hotel ums Eck: Charleey’s Bar. Obwohl es bereits nach 23 Uhr war, hieß man uns herzlich Willkommen, kredenzte uns leckere Drinks und mangels anderer Gäste spielten die Barleute, die alle einer großen Familie angehörten, mit uns Vier gewinnt und Jenga bis tief in die Nacht.

Auch der folgende Tag stand ganz im Zeichen des Nichtstuns. So schön unser Zimmer im Ressort auch gewesen war, so öde empfanden wir Strand und Pool dort. Das ist natürlich Mosern auf höchsten Niveau, beides, sowohl die Klong Nin Bay als auch der Pool waren vorbildlich und top gepflegt gewesen, aber uns zog’s in die versteckten Buchten. Die sind übrigens gar nicht so leicht zu finden und wenn man mal eine entdeckt hat, bleibt man selten lang alleine. Aber das ist okay, schließlich hat man auf einem gefühltem Quadratkilometer Strand wie der Klong Nin Beach auch zu fünft genug Platz um sich gegenseitig aus dem Weg zu gehen. Abends verbrachten wir den Sundowner dann ungeplant bei Kala und seiner Robinson-Hütte, der uns zum Sonnenuntergang leckere Ananas-Shakes kredenzte und sich mit uns mit Händen und Füßen und ein paar Brocken Englisch verständigte. Er schenkte uns zum Abschied sogar selbstgebastelten Muschelschmuck. Kala hat mich tief beeindruckt. Obwohl er jeden Tag den Sonnenuntergang vor seiner Hütte aus ansehen kann, saß er doch bei uns und freute sich wie ein kleines Kind über die Schönheit des Naturschauspiels. Ich habe glaub ich nie zuvor einen Menschen getroffen, der so in sich ruhend und glücklich auf mich wirkte wie der kleine Thai mit seiner Rastafrisur am Strand des Ao Nui.

Your ticket to the moon

Kala lud uns auch noch auf eine Party in die Top View Bar ein, nur die Wegbeschreibung wollte uns nicht so recht einleuchten. Wir hatten aber ohnehin vorgehabt, die Halbmondparty in der Mong Bar zu besuchen, für die schon seit Tagen zahllose Schilder an den Straßenrändern geworben haben. Dort angekommen fiel uns gleich der Besitzer der kleinen Bar an und verkündete stolz, dass heute zwei Top-Djs aus Paris für die Beschallung sorgten. Und tatsächlich fummelten da zwei Franzosen an einem Laptop herum und entlockten ihrer Anlage aggressiven Techno-Sound, der uns die Haare zu Berge stehen ließ. Da hätte der Wirt seinen beiden Star-Djs mal besser je einen Mushroom-Tea ausgegeben und eine schöne Reggae-Platte aufgelegt, das hätte auch viel besser zum Ambiente der Party gepasst: die Bar an sich liegt etwas im Hinterland, besteht aus altem Holz und was die Erbauer grade an Materialien griffbereit gehabt hatten, die paar Gäste, die um halb elf bereits eingetrudelt waren, saßen um ein Lagerfeuer und bewunderten die lustige Lasershow, die den Urwald um die Bar in ein Meer von roten und grünen Glühwürmchen tauchte. Besonders erstaunt hat uns der offene Umgang mit Drogen. Obwohl ja angeblich sämtlicher Drogengebrauch auch in Thailand schwer geahndet wird, scheint das zumindest auf Koh Lanta keinen zu stören. Schon am Vorabend in Charleey’s Bar hatte man uns freigiebig selbstgezogenes Gras und Schwammerln angeboten, allerdings noch unter der Hand. In der Mong Bar gabs all das als Tagesspecial, also besagten Pilz-Tee und allerlei Joints auf der Speisekarte, angepriesen als „Your Ticket to the Moon“. Die Musik und die nach und nach eintrudelnden Gäste, vorrangig Urlauber, die genau jenen Kick zu suchen schienen, veranlassten uns schliesslich doch noch, Kalas Party aufzusuchen. Über die Agoda-App fanden wir besagtes Top View-Ressort und nutzen deren Kartenfunktion (in dieser Hinsicht versagte das hauseigene neue Kartenprogramm des iPhone 5 übrigens kolossal, und nicht nur hier, sondern den ganzen Urlaub über…), um mitten in der Nacht mit dem Mofa über die unbeleuchtete und verlassene Küstenstraße runter in den Süden zu kurven. Nachdem wir unseren armen Feuerstuhl zunächst auf den falschen Hügel gescheucht hatten, von dem aus wir aber dann aber immerhin die Bar auf dem Nachbarhügel erspähen konnten und endlich dort ankamen, erlebten wir eine komplett andere Art Party: hier waren es größtenteils Thais, welche die Eröffnung einer neuen Bar feierten. Und sie taten das ausgelassen und tanzend zur Musik einer nicht unbedingt schlechten, aber für uns gewöhnungsbedürftigen Rockband. Es war ein absolut faszinierender Anblick, die Einheimischen so zu sehen. Sonst stets reserviert, freundlich, aber still und zurückhaltend, hatten wir hier die Gelegenheit, sie erstmals nicht als unsere Bedienstete, sondern als Privatleute kennen zu lernen, die uns warmherzig in ihrer Mitte aufnahmen.

 

Season Opening

So schön Lanta auch ist, irgendwann stelle sich bei uns der Wunsch nach etwas mehr Action am Abend ein. Augenscheinlich kam uns da entgegen, dass eine Bar nach der anderen ihre ‚Season Opening Party‘ feierte: Die Hochsaison war angebrochen. Nur mussten wir sehr schnell feststellen, dass hier auf Lanta eine Party nicht unbedingt das bedeuten muss, was wir uns darunter vorstellten. Beispielsweise jenes Eröffnungsfest am Sunset View Point am Klong Nin: DJ? Ja. Gratis Buffet? Check. Leute? Auch da. Aber tanzen, feiern? Fehlanzeige. Alle sitzen herum, essen und trinken, aber in Kontakt kommen ist hier nur sehr schwer. Das war auch schon in der Mong Bar der Fall und genauso in der berühmten Opium Bar, die wir am Tag danach gegen 23:30 Uhr (!) aufgesucht hatten, letzteres um zu überprüfen, ob die Stimmung mit vorgeschrittener Zeit lockerer wird. Das ist übrigens schon wieder Jammern auf sehr hohem Niveau, es gibt nach wie vor nichts Besseres, als in einer der schicken Strand- oder Reggae-Bars (manchmal ist das auch ein und dasselbe) zu sitzen und einen Cocktail nach dem anderem zu schlürfen während man mit den Leuten dort, egal ob Einheimische oder Urlauber, ratscht, spielt und trinkt. Aber einmal kommt dann halt mal der Punkt, an dem’s einem so gut geht, dass man tanzen und feiern möchte. Dafür ist Lanta dann aber wohl das falsche Ziel und wir nahmen uns das für unsere letzte Nacht in Bangkok vor.

Wo sich das Season Opening dann aber sehr wohl bemerkbar machte war in der subjektiv täglich steigenden Anzahl an neuen Reisenden und sich füllenden Restaurants. Für die Einheimischen super, denn jetzt begann ihre Erntezeit, für uns eher ernüchternd. Trauriger Höhepunkt war unsere Four-Islands-Schnorchel-Tour, die wir am Sonntag noch gebucht hatten um uns die umlegenden Inseln noch etwas ansehen zu können. An berühmten Sehenswürdigkeiten wie der Emerald Cave, einer Lagune, die nur über eine Höhle im Meer zu erreichen ist, die man erst durchschwimmen muss, wurden derart viele Touristen gekarrt, dass man zu Dutzenden in albernen Schwimmwesten durch die zugegebenermaßen spektakuläre und streckenweise stockdunkle Höhle schwimmt. Auf der anderen Seite tappst man dann aus dem Wasser, zückt seinen Fotoapparat, den der Guide in einer Drybag mitgezerrt hat, knipst ein paar Bilder der Lagune, wohl wissend, dass kein Format die Weite und Schönheit dieses Ortes einzufangen vermag, man dafür dann aber alle möglichen Japaner, Russen und Deutsche in bunten Schwimmwesten durch die Lagune wuseln sieht. Traurig ist’s auch hier um die Riffe bestellt, zu denen man zum Schnorcheln geschippert wird. Da wird der Anker des Bootes dann einfach in die Korallen geworfen und die benzinversetzte Bilge ins Meer gepumpt. Fische scheint’s noch genug zu geben, aber all die abgestorbenen Korallen lassen nur erahnen, wie schön es hier einst mal gewesen sein muss. Es will mir nicht in den Kopf, warum die Einheimischen so rücksichtslos mit ihrer Natur umgehen, von der sie doch so sehr abhängig sind. Denn irgendwann wird es auch keine Fische mehr zum beschnorcheln geben und die Strände derart zugemüllt sein, dass auch die leidensfähigsten Touris ausbleiben werden…

An dieser Stelle wird’s Zeit zu gestehen, dass wir gar keine echten Backpacker im eigentlichen Sinne waren. Die Zeit, in der wir tatsächlich unsere Rucksäcke in der Gegend herumgetragen haben, beträgt wenn’s hoch kommt eine halbe Stunde. Den Rest der Zeit lagen die in Zimmern oder auf den Ladeflächen irgendwelcher Transportmittel. Auch haben wir nicht ausschließlich in Bambushütten geschlafen und nur in Garküchen gegessen. Wir haben es da ein wenig wie Hape Kerkling in „Ich bin dann mal weg“ gehalten: alles mal ausprobieren, am Ende aber doch in den gehobeneren Etablissements abgestiegen, einfach, weil wir es konnten. Richtig verübeln wird uns das auch kaum einer können, immerhin kostet hier ein Riesenbungalow mit Terrasse am Meer oder in einer wunderschönen Gartenanlage mit Klimaanlage, Aussendusche und allem Pipapo 50 Euro pro Nacht. Für zwei Personen. Natürlich hätten wir Hütten am Strand mit Ventilator, Matratze und Moskitonetz für 8 Euro die Nacht bekommen. Die sind auch schön, keine Frage, aber das war eben nicht unser Ding. Der Vorteil des Reisens mit Rucksack und mit dem einhergehendem Charakteristikum der „Planlosigkeit“ ist in meinen Augen viel mehr die Flexibilität. Wer alles vor Ort bucht, hat zwar ein wenig mehr Aufwand als jemand, der von Anfang an alles geplant hat, kann dafür aber auch besser reagieren. In unserem Falle hat’s uns beispielsweise auf Koh Lanta so gut gefallen, dass wir gleich nochmal vier an unsere fünf Nächte dran gehängt haben. Am Freitag, den, moment, Zeit wird hier relativ, ich glaub der 9. November wars, sind wir in ein Ressort weiter im Norden an die Long Beach gezogen. Das Chaw Ka Cher Tropicana Lanta Ressort ist eine nette, von aussen recht unscheinbare Bungalow-Anlage mit in einem wunderschönem tropischem Garten und umwerfend freundlichem Personal. Hier wollte man nicht einmal meinen Reisepass als Pfand für das Mofa. Nachdem sich unsere Reise bereits dem Ende zuneigte, wollten wir hier nochmals die Batterien ein wenig aufladen.

Pfiadi Meer!

Irgendwann geht auch die schönste Zeit zu Ende und so nahmen wir nach 9 Tagen Abschied von Koh Lanta. Mit der Fähre, die dieses Mal pünktlich ablegte und in knappen eineinhalb Stunden nach Krabi Town übersetzte. Das Wetter war wunderbar, die See von einem leichten Wind aufgerührt und am Ende der Fahrt, die wir größtenteils vorne am Bug verbrachten, opferte ich mein treues Chang-Käppi dem Meer, als es von einer allzu vorwitzigen Böe davongetragen wurde.

Krabi Town merkt man seinen Reichtum durchaus an. Die kleine Provinzstadt, von der es heißt, dass sie der teuerste Ort Thailands sei, präsentiert sich freundlich und herausgeputzt. Ebenso wie Phuket ist hier alles fest in der Hand der Taximafia und tendenziell haben wir hier das meiste Geld für unseren Transport gelassen. Für eine Nacht quartierten wir uns im Dee Andaman Hotel ein, einem schicken Bau mit schönen Zimmer und Skybar im siebten Stock. Dort stöpselten wir unsere Akkus noch für ein paar Stunden an den Pool und fuhren dann am Abend in die Stadt. Wie ungewohnt uns zunächst das Treiben dort erschien. Das Gewusel hatten wir in unsere Inselzeit fast verdrängt. Besonders stach hier der kuriose Nachtmarkt heraus. Mitten in der Stadt sammeln sich hier Abend für Abend viele kleine Essenstände ein, die Mahlzeiten mundgerecht und in zig Plastiktütchen verpackt für hungrige Thais zubereiteten, welche diese dann mit nach Hause nehmen und dort verspeisen. Da gibt’s Suppen in Tüten, ebenso Salate inklusive Dressing, jede Art Frucht, Meeresgetier, Wachteleier, Süssspeisen und Fleisch, von der Zunge bis zu den Innereien. So schnell kann man den Verkäufern die Plastiktüten gar nicht verbieten wie die bereitwillig am liebsten jedes Spießchen einzeln in zwei extra Tüten packen würden. Am Ende unseres Mahles, das wir irgendwo am Straßenrand einnehmen mussten denn, das ist der Nachteil des Nachtmarkts, er ist eigentlich nur ein großer McDrive (oder McGo), an dem jeder sein Zeug mit heim nimmt, saßen wir vor einem Riesenmüllberg, gegen den jedes McDonalds Fressgelage ein gepflegtes Naturreservat sein muss. Wenn ich mit vorstelle, dass jeder Thai, der hier isst, jeden Tag so einen Müll produziert, wird’s mir schwummrig. Da können wir Europäer schon brav unseren Müll trennen und recyceln, wenn auf der anderen Seite der Erde hundert Millionen Asiaten in Plastic-World leben…
Und trotzdem ist der Nachtmarkt einen Besuch wert, schon allein wegen den manchmal völlig ungewohnten Speisen wie der seltsamen Meeresschnecke, die noch nicht einmal ich runtergebracht habe, oder den mit ihren eigenen Eiern gefüllten Kalamaren am Spieß. Und den Düften und Gerüchen, die hier die Nase kitzeln, reizen oder auch ganz versagen lassen!

In Krabi Town haben wir uns dann auch nochmal ausgiebig massieren lassen. Massagestuben gibt’s in Thailand gefühlt sogar noch mehr wie Touristen-T-Shirt Shops. In der Regel bieten sie als das selbe Programm, nur Preis und Qualität unterscheiden sich. Was wir in Bangkok gezahlt haben weiß ich nicht mehr, in Ao Nang am Strand kostete eine Stunde Thai-Massage, also eine Ganzkörpermassage, 200 Baht, also etwa 5 Euro, auf Koh Lanta das doppelte, in Bangkok sind alle Preise möglich. Man kann dazu verschieden Öle wie Aloe Vera oder Kokosnuss buchen, oder aber eine Reflexzonen- oder Fussmassage wählen. Daneben gibt’s dann noch Mani- und Pediküre, sowie den Foot-Scrub.

Am nächsten Tag sind wir dann um 9 Uhr früh mit Air Aisa zurück nach Bangkok geflogen. Die Fahrt zum Flughafen durch Krabi Town hat uns bei Tageslicht nochmal gezeigt, wie schön das Städtchen doch ist. Ebenso interessant war es, im Vorbeifahren den Thais dabei zuzusehen, wie sie ihren Tag beginnen: Kinder laufen in Uniformen zur Schule, Erwachsene fahren und gehen mit verschlafenen Gesichtern zur Arbeit und bevor es losgeht, wird in der Autowerkstatt oder vor dem Baumarkt erstmal eine gemeinsame Zigarette geraucht. In Krabi gab’s dann übrigens auch mal wieder so etwas wie einen Berufsverkehr, der sah hier aus wie eine munteres Schaulaufen von SUVs, gefühlt ist in Thailand ohnehin jedes zweite Auto ein (fetter) Geländewagen. Am liebsten fahren sie dort Honda, Mitsubishi und Toyota. Es gibt nur ein privates Verkehrsmittel, das noch beliebter ist, und das ist das Mofa. Schwer vorzustellen, wie Thailand ohne Mopeds funktionieren könnte. Jeder scheint eins zu haben. Alte Leute fahren Mofa. Familien fahren Mofa. Die Kinder fahren damit zur Schule, manchmal bis zu vier auf einem Fahrzeug, ohne Schutzkleidung und wie ein wendiger Fisch im chaotischen Strom des Verkehr. Händler transportieren damit ihre Waren, ebenso verbreitet wie der Tuk-Tuk-Stil, bei dem die Ladefläche hinter dem Fahrer angebracht ist, gibt es die Variante mit der Sitz- oder Ladefläche an der linken Seite oder dem Stand vorne. Kurzum, überall röhrts und tuckerts. Mofas kann man hier neu schon für 250 Euro kaufen, nach oben sind ihnen in Preis und Motorisierung keine Grenzen gesetzt.

Am Flughafen outete ich mich dann leider wieder als Reisenewbie, weil ich beim Air Asia-Billigflug übersehen hatte, das Gepäck mit dazu zu buchen. Ärgerlicher noch, wir hatten sogar Übergepäck (keine Ahnung wo die ganzen zusätzlichen Kilos herkamen. ; -). Also mussten wir am Flughafen unsere Rucksäcke erst auf je 15 Kilo abspecken und dafür dann je 900 Baht draufzahlen (zusätzlich zu den je 2000 Baht fürs Ticket). Na gut, das passiert mir kein zweites Mal. Das nächste Mal benutze ich aber dann sicher auch nicht mehr das ohnehin unübersichtliche und umständliche Swoodoo, sondern buche direkt auf der Homepage der Airline.
An diese Stelle passt ein Einschub, wie wir eigentlich die ganzen Buchungen getätigt haben: fast jedes Hostel oder Ressort hat In Thailand Gratis-WLAN. Smartphone sei Dank ist dann eigentlich alles ganz leicht, wenn man die richtigen Apps und Webseiten kennt. Uns unersetzlich wurde agoda.de. Das gibt’s auch als App für iPhone und Windows Phone. Agoda sammelt alle Hotels für beispielsweise Thailand und macht das Buchen super einfach. Man muss sich nur eine Bleibe aussuchen, seinen Standard wählen und per Kreditkarte zahlen. Alle Ressorts, in denen wir abgestiegen sind, kannten Agoda und haben keine Probleme gemacht. Einfach den Reisepass zeigen, manchmal zusätzlich noch die Bestätigungsmail weiterleiten und gut ist’s. Das ist aber noch nicht einmal der größte Vorteil von Agoda: ich vertraue sehr auf die Empfehlungen anderer Leute und auf Agoda kann jeder sein Hotel bewerten und eigene Fotos einstellen. Man muss also nicht die Katze im Sack kaufen, sondern kann sich vorher informieren, wie andere Reisende die Absteige fanden.
Neben der Agoda-App empfehle ich zusätzlich noch CityMaps2go, mit deren Hilfe man sogar Taxifahrern in Bangkok den Weg weisen kann, sowie die Triposo Thailand-App als mobilen Reiseführer, die uns vor allem am Anfang gute Dienste geleistet hat.

One Night in Bangkok!

Jedenfalls hatte uns die letzten beiden Tage unserer Reise Bangkok wieder. Wir lernten in Krabi Town ein deutsches Pärchen kennen, das zufälligerweise den selben Flug nach Bangkok zum Don Mueng Airport gebucht hatte. Da unsere Hotels beide nahe dem Suvarnabhumi Airport lagen, konnten wir uns die 50 Kilometer durch Bangkok ein Taxi teilen. Was in der Metropole sofort auffällt: das Lächeln fällt den Leuten hier schon wieder viel schwerer, am ehesten sind es noch die Kinder, die unser Lächeln erwidert haben. Unser raunziger Taxifahrer versuchte gar, uns das Wechselgeld der Mautstellen zu unterschlagen. Mir tut sowas immer besonders weh. Mir ist klar, dass die meisten Thais arm sind und hart für ihr Geld arbeiten müssen. Und ich kann auch verstehen, dass sie davon ausgehen, dass wir mehr Geld haben als sie, schon allein deshalb, weil wir uns die Reise leisten könnten. Was sie aber in ihrer „Wir versuchen, alle Weißen nach Kräften auszunehmen, die haben’s ja eh“-Mentalität zu vergessen scheinen: wir müssen auch für unser Geld arbeiten. Und unser Lebensunterhalt ist bedeutend teurer als jener der Thais. Ganz zu schweigen davon, dass diese Reise mein erster Urlaub seit fünf Jahren ist. Mir wär’s so viel lieber, wenn ich einfach nett behandelt werde und dann freudig für guten Service ein angemessenes Trinkgeld geben kann, anstatt dass mein Gegenüber mich ständig zu betrügen versucht. Ich bin sicher, davon hätten dann beide Seiten viel mehr.

Unsere letzte Nacht in Bangkok verbrachten wir etwas außerhalb der Stadt in der Nähe des Flughafens in einem nettem kleinem familiengeführtem Hostel. Die freundliche Rezeptionistin erklärte uns, wie wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Siam Center kommen, wo wir Souvenirs kaufen wollten. Zu unserem großem Erstaunen sind Tuk Tuks nur im Stadtzentrum und nicht in den Außenbezirken erlaubt. Dort gibts dafür dann ein Netz von roten Pickup-Trucks mit Fahrgastkabine, auf die man einfach auf- und abspringt. Kannten wir so noch gar nicht. Damit fuhren wir zur BTR, einer Hochbahn (nicht zu verwechseln mit dem Skytrain), damit gings dann zum Siam Center. Oder zumindest in dessen Nähe. Denn um die Megaeinkaufsburgen (das Siam Center ist gleich neben dem MBK) haben sich unüberschaubar viele Strassenhändler angesiedelt, die hier unglaublich billig ihre Ware verhökern. Von der gefälschten Rolex bis zum Transvestiten-Equipment gibt’s hier alles. Nur die lustigen Lego-Fakes, die ich in Krabi Town gesehen und dort blöderweise nicht gekauft habe, habe ich leider nicht mehr gefunden. Auch nicht mehr im Siam oder im MBK. Es handelt sich übrigens um zwei völlig unterschiedliche Shopping-Erfahrungen: hier das klimatisierte, gut sortierte und etwas teurere Megakaufhaus, in dem man nebenan des originalen Calvin Klein-Stores auch gleich die gefakten Unterhosen kaufen kann. Die Märkte draußen hingegen sind heiß, laut, eng und überfüllt, voller Gerüche und kurioser Entdeckungen. Im Laufe des Abends verändert sich übrigens das Sortiment. Je später es wird, desto mehr taucht Sexspielzeug,Viagra und Valium auf und die Prostituierten beginnen mit ihrem Schaulaufen.

Nach unseren Shopping-Exzessen wollten wir uns noch etwas besonderes gönnen und fuhren mit dem Tuk Tuk in die Sukomvit Road. Das ist eines der nobleren Partyvierteln Bangkoks. In dieser Stadt scheint ohnehin jedes Viertel, jede Strasse ein eigenes Gesicht zu haben. In der Sukomvit reihen sich Nobel-Restaurants an -Hotels, all das im Schatten riesiger Hochhäuser, und dazwischen finden sich die allgegenwärtigen Garküchen und, für uns ein neuer Anblick: zu mobilen Bars unbebaute alte VW-Busse, die überall für Party sorgen und die Alkoholversorgung sicher stellen. Wir entschieden uns für die Dachbar „Nest“, einer schicken Location mit Rundumblick auf die Skyline. Gemütliche Strandkörbe luden zum Verweilen ein und hier wurde auch endlich mal getanzt, auf die Musik eines sehr guten DJs. Trotz Mittwoch Abend war das Nest gut besucht und die Gäste hier hatten sich auch richtig herausgeputzt. Erwähnte ich eigentlich schon mal die Cocktails in Thailand? Die schmecken eigentlich überall prima, sind großzügig gemischt und kosten selten mehr als fünf Euro. Dank des Preises, auf Lanta gabs Long Island Icetea für 3 Euro, kann man sich dann auch durchaus mal durch die Karte trinken oder was neues ausprobieren. Erst in unserer letzten Nacht entdeckten wir die sogenannten Buckets für uns: Jumbo-Cocktails für mehrere Personen. Im Nest gönnten wir uns ein Long Island Icetea- und ein Mojito-Bucket, je 800 ml (!) á 400 Baht. Über einen kleinen Abstecher ins die Cowboy Soi, einer Mini-Reperbahn in der wir aber, anders als in Patong nicht ungefragt angesprochen wurden (bis auf einen besonders hartnäckigen Ping Pong-Show-Werber) gings dann mit dem Taxi zurück ins Hotel.

Als wir am nächsten Tag (oder besser gesagt ’später‘) dann zum Flughafen fuhren, kam sie dann doch noch, die Wehmut. Ich für meinen Teil hätte es ohne Probleme noch ein paar Wochen in Thailand ausgehalten. Allein die schiere Länge dieses Berichts, der die Eindrücke und Erlebnisse von eigentlich „nur“ drei Wochen zusammenfasst, zeigt mir eindrucksvoll, wie sehr wir die Reise genossen haben. Am Ende bleiben viele schöne Erinnerungen an dieses schillernde, spannende, verwirrende und wunderschöne Land und vielleicht noch wichtiger: die Lust an weiteren Reisen dieser Art ist geweckt.

Vielleicht handelt das nächste Reisetagebuch dann ja von Vietnam. Oder Mexiko… 

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