Sommer.

20. 06. 2012 | Literarisches, Philosophie | 8 Kommentare

Immer dann, wenn die Luft so sehr glüht, dass sie beim Atmen die feinen Härchen in meiner Nase zu verbrennen scheint, öffnet der Himmel seine Schleusen und schickt, begleitet von pompösem Geblitze und rollendem Gedonnere, Regenschauer um Regenschauer ins Gefecht. Manchmal gelingt es ihm, das infernale Klima in seine Schranken zu weisen, dann kribbelt meine verschwitze Haut in der plötzlich aufkommenden Kälte.
Die meisten dieser schnellen Ausbrüche verpuffen jedoch, der Regen treibt die Hitze aus dem glühendem Boden in heißen Schwaden heraus und die lähmend-feuchte Schwere der Luft verdickt sich noch mehr.
Mein Glas beschlägt, das ständige Fächeln mit der Zeitung ermüdet mich.
In der Hängematte neben mir liegt ein wunderschönes Mädchen, sie ist nackt und schläft.
Feine Schweißperlchen glitzern auf ihrer feuchten Haut, ein paar besonders vorwitzige haben sich zu einem großen Tropfen vereint und sich auf die Reise über ihren vollen Busen hin zu ihrem Becken gemacht.
Ihr Oberkörper bewegt sich mit jedem ihrer tiefen Atemzüge sanft auf und ab und kurz stockt mir der Atem als der Tropfen dadurch aus der Bahn zu geraten droht, eine irrationale Erleichterung erfasst mich, als ihm die in letzter Sekunde doch noch die Kehrtwende gelingt und er in ihrem Bauchnabel verschwindet.
Ich widerstehe der Versuchung, ihr das feuchte Haar aus der Stirn zu streichen, habe Angst, sie zu wecken.
Bewundernswert, wie sie in dieser Hitze so friedlich schlafen kann.
Meine Gedanken treiben zurück in die vergangene Nacht, ich fühle den Rhythmus der Musik, ihren Körper, wie er sich durch das dünne Kleidchen an den meinen presst, sauge ihren betörenden Duft auf und spüre den Sand zwischen meinen Zehen.
Wir tanzen im Mondlicht, die Welt um uns vergessend, in der Kühle der Nacht schwelgend, die unendliche Freiheit genießend. Ich blicke auf und beobachte träge den Krieg der Elemente, der am Himmel über der Veranda bereits eine neue Schlacht einläutet. Ein greller Blitz durchschneidet die diesige Luft, verästelt sich sich wie das Skelett einer feingliedrigen Koralle und ein röhrender Donner lässt das schöne Mädchen neben mir kurz aufschrecken, sie vergewissert sich, wo sie ist, lächelt mich verschlafen an, dreht sie auf die andere Seite und verfällt sofort wieder in ihren tiefen Schlummer. Ich nehme einen Schluck meines nun schon nicht mehr ganz so kühlen Rums, schließe die Augen und bin in mir angekommen.
Sommer.

8 Kommentare

  1. agnes

    Herrlich :)

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  2. matthias

    Sehr schön! Danke.

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  3. Claudia

    Klasse! Text und Bild.

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    • Andi

      Herrschaften, besten Dank für das Streicheln meines zittrigen Egos.

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  4. Magdalena

    Zauberhaft……schöööööön.

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  5. Ursula

    Nach dem hübschen Kerl…der Sommer aus den Augen der nackten Schönheit

    Sommer. Gewitter. Kurz schrecke ich hoch durch den grollenden Donner, der, wie es scheint, meinen ganzen Körper zum Vibrieren bringt. Wie sehr genieße ich es, wenn sich die Spannung in Blitz und Donner entlädt. Ganz so, als lebte die Natur sie für mich aus. Übermacht und Ohnmacht. Dieser Gedanke und der warme, vom Regen feuchte, Wind schaukeln mich wieder in einen seichten Schlaf. Wie von weit her rieche ich die salzige Luft, schmecke eine salzige Schweißperle, die an seiner markanten Wange herabläuft. Ihm scheint heiß zu sein. Mir wird heiß bei dem Gedanken an vergangene Nacht. Sein Duft vernebelt mir die Sinne. Er ist überall. Auf seinem muskulösem Rücken. An seinen Fingerspitzen, die so zart berühren. Selbst im Bauchnabel. Ich kann nicht genug bekommen. Verlangen. Begehren. In uns brennt ein Feuer und keiner weiß, wer es entzündet. Der Blitz zuckt mit einer unvorstellbaren Intensität und gleißenden Helligkeit. Impulsiv öffnen sich meine Augen. Aber es ist alles gut. Ich liege in seinen Armen und gleite wieder in meinen Traum zurück. Wir tanzen eng umschlungen in der auslaufenden Brandung, die unsere Fesseln umspült. Hin und wieder spritzt die Gischt und gierig saugen meine Haut und das enge Sommerkleid die salzigen Tropfen auf. Ich fühle mich eins. Eins mit dem unzähmbaren Meer, dem Sand, der rau meine Fußsohlen streichelt, und dem Mond über uns. Ich bin angekommen. Die Jagd hat ein Ende. Zart berühre ich seine Lippen mit meinen und die Sterne scheinen vom Himmel auf uns herab zu regnen, um eine nie gekannte Leidenschaft zu bejubeln. Der Regen weckt mich. Es ist alles gut. Ich liege in seinen Armen.

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  6. Martin

    Mannomann. Echt. So und nicht anders.

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  7. angela

    So schön zu lesen – anscheinend hab´ich doch alles richtig gemacht.

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